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applied language and formating requests by PersBib
author | markus schnalke <meillo@marmaro.de> |
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31 \title{
32 Open Access, Freie Software und Co.:\\
33 Eine Analyse der Gemengelage
34 }
35 \author{Markus Schnalke}
36 \authoremail{meillo@marmaro.de}
37 \institution{ KIT-Bibliothek / Bibliotheksakademie Bayern }
38 \date{2014-03-07}
41 \begin{document}
43 \maketitle
47 %###################################################################
49 \section{Vier Konzepte}
51 Dieser Beitrag vergleicht den \emph{Open Access} mit der
52 \emph{Freien Software} und ähnlichen Konzepten.
53 Sein Ziel ist es, Parallelen und Unterschiede aufzuzeigen.
55 Da die Freie Software bereits seit den 80ern als Konzept etabliert ist,
56 der Open Access aber erst zwanzig Jahre später aufkam, können,
57 so die Vermutung, aktuelle und zukünftige Entwicklungen beim Open
58 Access nachvollzogen oder sogar vorweg erahnt werden, wenn man sich
59 anschaut, wie sich die Freie Software entwickelt hat.
61 Dass im Titel der Begriff \emph{Freie Software} und nicht
62 \emph{Open Source} vorkommt,
63 wenn auch nur der Begriffsanalogie wegen, ist durchaus Absicht.
64 Die Begriffe sind nicht so austauschbar, wie sie erscheinen mögen.
65 Beide Bewegungen werden in diesem Beitrag behandelt.
66 Daneben wird auch die Free Cultural Works-Bewegung betrachtet,
67 die nach einer großen und lebendigen Allmende strebt.
68 Die vier Konzepte und Bewegungen sind jeweils unterschiedliche
69 Ausprägungen eines ähnlichen Gedankens, nämlich des
70 \emph{Free Contents}.
72 \begin{figure}[hbt]
73 \centering
74 \renewcommand{\arraystretch}{3.0}
75 \begin{tabular}{ r|c|c| }
76 \multicolumn{1}{r}{}
77 & \multicolumn{1}{c}{idealistisch}
78 & \multicolumn{1}{c}{pragmatisch} \\
79 \cline{2-3}
80 Software & Freie Software & Open Source \\
81 \cline{2-3}
82 Texte, etc. & \ Free Cultural Works \ & \qquad Open Access \qquad{} \\
83 \cline{2-3}
84 \end{tabular}
85 \bigskip
86 \caption{Ausrichtung der Konzepte}
87 \end{figure}
91 %###################################################################
92 \section{Hintergründe}
94 Um Konzepte und Bewegungen zu verstehen muss man sich ihre
95 Entstehungsgeschichten und ihre Strukturen anschauen.
99 \subsection{Freie Software}
101 Die Freie Software
102 ist in erster Linie eine ethische und politische Bewegung, bei der die
103 \emph{ Rechte }
104 der Menschen im Mittelpunkt stehen. Das wiederkehrende Leitbild ist
105 der Wunsch, seinem Nachbarn etwas Gutes tun zu können. Dies soll
106 ermöglicht werden. Deshalb soll Software frei sein.
108 Die Freie Software entstand in den 80er Jahren. Bis dahin
109 war alle Software \enquote{frei}. Sie war damals eine Beigabe zur Hardware.
110 Mit dem Beginn der 80er Jahre begannen Unternehmen in Software
111 eine Ware zu sehen, mit der man Geld verdienen kann.
112 \autocite[S. 13]{spiegel06}
113 Statt sie
114 kostenlos mitsamt dem Quellcode der Hardware beizulegen, wie
115 zuvor, wurden die Programme, von da an, immer häufiger verkauft
116 und ihr Quellcode geheim gehalten.
117 Software wurde damit zu einem Produkt, das jemandem gehört.
118 (Der passende Begriff für unfreie Software ist deshalb
119 \enquote{proprietäre Software},
120 \autocite[S. 28]{spiegel06}
121 nicht aber \enquote{kommerzielle Software}.)
123 Die Freie Software entstand daraufhin als Gegenbewegung, wobei sie
124 jedoch nicht den bisherigen Zustand abschaffen, sondern ihn
125 beibehalten wollte. Der unbeschränkte Austausch von Software in
126 Quellcodeform sollte erhalten bleiben. Die Freie Software ist demnach
127 in ihrem Kern von bewahrendem Charakter. Sie stellte sich den neu
128 aufkommenden Entwicklungen der damaligen Zeit, die heute zum
129 Normalfall geworden sind, entgegen.
131 Wenn auch die Vorstellung, Software solle frei sein, in
132 Programmiererkreisen weit verbreitet war, so war es Richard M.
133 Stallman, der fast im Alleingang eine aktive Bewegung daraus machte.
134 Sie manifestierte sich insbesondere im Start des GNU-Projekts (1983),
135 in der Gründung der Free Software Foundation (1985)
136 und im Verfassen der General Public License (1989),
137 die alle von Stallman initiiert und vorangetrieben wurden.
139 Die Kultur des freien Austauschs von Information und Software
140 entstammt primär dem universitären Umfeld. Stallman
141 selbst war am Massachusetts Institute of Technology (MIT) verwurzelt.
142 An der Westküste der USA,
143 v.\,a. an der University of California, gab es ähnliche Bewegungen.
144 Der ethische Fokus der Freien Software und damit seine politische
145 Ausrichtung, die Stallman vertrat, waren jedoch in Kalifornien
146 weniger präsent.
148 Die Grundmotivation der Freien Software ist die ethische Ansicht,
149 dass Software keine Ware sein sollte, die jemandem gehört, sondern
150 ein Gemeingut, das allen zur Verfügung steht. Die Analogie dazu
151 sind Kochrezepte, die ganz natürlich weitergegeben, nachgekocht
152 und abgewandelt werden können.
155 \subsection{Open Source}
157 Open Source, wenn auch ähnlich zur Freien Software, hat eine
158 andere Ausrichtung.
159 Sie schätzt vor allem die verbesserten Möglichkeiten und
160 die daraus resultierenden Konsequenzen,
161 die einem offen stehen, wenn der Quellcode von Software zur Verfügung
162 steht und dieser kopiert, verändert und verbreitet
163 werden darf. Die Grundmotivation ist damit pragmatischer Natur.
165 Mitte der 90er Jahre, nachdem Linux, der Kernel, verfügbar war,
166 als das Web sich verbreitete und Netscape im Browserkampf gegen
167 Microsoft zu verlieren begann, sahen immer mehr Freie
168 Software-Befürworter Probleme an dem Begriff \enquote{Freie Software}
169 und an seiner
170 Ausrichtung. Das lag daran, dass das Wort \enquote{frei} (im Deutschen
171 wie im Englischen) zweideutig ist. Auch Stallmans regelmäßige
172 Aufklärung -- \enquote{Free software is a matter of liberty, not price.
173 To understand the concept, you should think of free as in free
174 speech, not as in free beer.}
175 \autocite{fsf-def}
176 -- löste dieses Problem nicht.
177 \autocite[S. 161f.]{williams02}
178 Folglich wollte das kommerzielle Softwarebusiness
179 nicht auf das Konzept aufspringen; zu stark war
180 die Assoziation zu \enquote{gratis}, wenn auch die
181 Freie Software nie gegen eine kommerzielle Verwertung war, sie ja
182 sogar befürwortet.
183 \autocite{selling-fs}
184 (\enquote{\enquote{Free software} does not mean \enquote{noncommercial}. A free program must
185 be available for commercial use, commercial development, and
186 commercial distribution. Commercial development of free software
187 is no longer unusual; such free commercial software is very
188 important.}
189 \autocite{fsf-def}
190 )
191 Aber das Image passte dennoch nicht, wegen der Zweideutigkeit des
192 Wortes \enquote{frei}.
193 In dem Bestreben, die Freie Software auch im traditionellen
194 Softwarebusiness zu verankern, trafen sich 1998 verschiedene Freie
195 Software-Vertreter, um einen neuen, wirtschaftsfreundlicheren
196 Begriff zu finden. Das Ergebnis war die Bezeichnung \enquote{Open Source}.
197 \autocite[S. 162f.]{williams02}
199 Stallman war zu diesem \enquote{Kick-off-Meeting} nicht eingeladen,
200 da er als zu starrköpfig und kompromisslos galt. Das Ziel der
201 Beteiligten war auch gerade eine Umorientierung, weg von der
202 ethischen und politischen Ausrichtung der Freien Software, die
203 Stallman mit Überzeugung vertrat.
204 Mit der pragmatischen, unpolitischen
205 Ausrichtung der Open Source-Bewegung und der Ausgrenzung von Stallman
206 spaltete sich die Gemeinschaft anschließend teilweise. Die eine
207 Gruppe hielt weiterhin am Begriff \enquote{Freie Software} fest und
208 stand für die ethischen Ziele ein; die andere Gruppe nannte es
209 \enquote{Open Source} und legte auf die technischen Aspekte wert.
210 Diese ideologische Spaltung war jedoch, und ist noch immer,
211 kein Hindernis der gemeinsamen Arbeit, der Kooperation und des
212 Austausches. (Neuere Bezeichnungen wie FLOSS, für \enquote{Free, Libre,
213 and Open Source Software}, zeigen eine wiedervereinigende
214 Motivation, wenn sie auch von vielen kritisch gesehen werden.
215 \autocite{floss-foss})
217 Die Open Source-Bewegung hängt weit weniger an einer einzelnen Person
218 und den von ihr ausgehenden Organisationen und Projekten als die
219 Freie Software mit Stallman.
220 Der Evangelist der Open Source-Bewegung ist Eric S. Raymond.
221 Zusammen mit Bruce Perens hat er 1998 die \emph{Open Source
222 Initiative} (OSI) gegründet.
223 Linus Torvalds, der den Kernel entwickelt hat, und Tim O'Reilly,
224 der Verleger, gehören aber ebenso zu
225 den Vertretern wie inzwischen auch große Softwareunternehmen.
226 Open Source wird heutzutage durchaus businessfreundlich
227 wahrgenommen.
229 Die Grundmotivation für Open Source ist die Ansicht, dass dieses
230 Entwicklungsmodell zu besserer Software führt. Durch die freie
231 Verfügbarkeit von Komponenten sowie durch offene Dokumentation und
232 offenen Code würden Entwickler schneller und besser arbeiten können.
233 Die Mitarbeit von Interessierten würde gefördert werden. Die
234 relevanten Nutzerwünsche würden schneller umgesetzt werden.
235 Angepasste Varianten würde eher entstehen. Die Ergebnisse
236 würden sich schneller verbreiten. Fehler und Sicherheitslücken
237 würden durch die freie Einsichtnahme in den Code schneller
238 gefunden und behoben werden.
239 Ob dem tatsächlich so ist und in welchen Fällen, bleibt
240 weiterhin umstritten.
244 \subsection{Free Cultural Works}
246 Mit den Free Cultural Works (FCW)
247 \autocite{fcw-def}
248 soll nun die Brücke von Software zu anderen Werken,
249 darunter wissenschaftliche Publikationen, geschlagen
250 werden. Bei den Free Cultural Works steht die Gemeinschaft und
251 deren Allmende (das Gemeingut) im
252 % XXX def allmende
253 Zentrum. Werke sollen der Gemeinschaft gehören, nicht einzelnen
254 Individuen. Ziel ist es, eine möglichst große Allmende
255 aufzubauen, um so eine lebendige Kultur zu fördern.
257 Diese Bewegung ist weit weniger bekannt und weniger abgegrenzt
258 als die anderen hier vorgestellten.
259 Sie soll hier als ein konkreter Vertreter einer Vielzahl von
260 ähnlichen Bewegungen, die allesamt die
261 Allmende stärken wollen, auftreten.
262 % Letztlich kann man die Free Cultural Works sogar
263 % als Obermenge aller hier vorgestellter Konzepte sehen, jedoch
264 % sollen sie in dieser Arbeit nur eine bestimmte, sonst nicht vertretene
265 % Ausrichtung füllen (vgl. Abb.\^1).
267 Free Cultural Works wurde 2006 von Erik Möller, mit
268 Unterstützung von Richard Stallman, Lawrence Lessig und weiteren
269 ins Leben gerufen.
270 Sie versuchten, im Kontext von Wikimedia, einen Standard zu legen,
271 was als \enquote{Free Content} angesehen werden kann.
272 Der Nutzen der Free Cultural Works liegt darin, die heterogene Vielzahl
273 von Lizenzen für intellektuelle und kreative Werke nach einem klaren
274 Freiheitsstandard zu klassifizieren. Seit 2008 ist das bei den
275 Creative Commons-Lizenzen der Fall: Nur zwei der sechs CC-Lizenzen
276 (und der Public Domain Dedication CC0)
277 ist die Erzeugung von Free Cultural Works bescheinigt.
278 Desweiteren vermitteln sie ein Bewusstsein für die Freiheit von
279 Werken. Wie auch bei der Freien Software stehen Free Cultural
280 Works nicht gegen die kommerzielle Verwertung, wohl aber gegen
281 das Eigentum an kulturellen Werken.
285 \subsection{Open Access}
287 Open Access ist ein Konzept des wissenschaftlichen
288 Publikationswesens.
289 Er hat im Kern das Streben nach dem Zugang zu Information. Es geht
290 dabei darum, das Wissen aufzunehmen und sich darauf berufen zu können.
291 Die Wissenschaft soll nicht von dem von ihr selbst erzeugten Wissen
292 ausgeschlossen werden.
294 Der Open Access entstand als Antwort auf die Zeitschriftenkrise der
295 90er Jahre. Er kam v.\,a. in den STM-Wissenschaften auf, da dort
296 Zeitschriftenartikel die Hauptpublikationsform darstellen. Open Access
297 soll eine Alternative zu den immer teurer werdende
298 Zeitschriftenabonnements, die zunehmend größere Teile der
299 Wissenschaftswelt den Zugang zum publizierten Wissen erschweren,
300 bieten. Im gleichen Zug spielt die
301 Unzufriedenheit der Autoren über die zumeist exklusiv abzutretenden
302 Rechten an ihren Werken mit. Auch die Frage,
303 wie es um die Notwendigkeit von Verlagen bestellt ist, wo das Internet
304 und umso mehr das Web mit Repositorien und Kommunikationskanälen
305 ähnliche Verbreitungsmöglichkeiten ohne Rechteabtritt und quasi
306 kostenlos bietet, steht im Raum.
308 Im Gegensatz zur Entstehung der Freien Software, wo der Status Quo
309 beibehalten werden sollte, geht es beim Open Access darum, eine
310 Neuordnung der Situation zu erreichen. Diese Neuordnung wurde
311 durch das Web, wo jeder selbst Verleger sein kann, ermöglicht.
312 Wo die Freie Software von einer einzelnen Person, Richard Stallman,
313 vorangetrieben wird, und beim Open Source eine gemeinsame Linie
314 vorherrscht, gibt es
315 beim Open Access eine Menge heterogener Akteure. So existiert
316 auch keine von allen anerkannte, klare Definition des Begriffs,
317 sondern eine Vielzahl von großteils impliziten oder schwammigen
318 Definitionen.
320 Die zwei etablierten Open Access-Wege -- der Grüne und der Goldene
321 -- sollen hier nur kurz erwähnt werden, denn sie beschreiben
322 \emph{Umsetzungen} des Konzeptes, nicht aber das Konzept selbst.
323 Bei ihnen geht es um finanzielle Aspekte und den Ort der
324 Veröffentlichung. Für diesen Beitrag sind sie nebensächlich.
326 Open Access entspricht insofern der Ausrichtung von Open Source, da
327 es auch darin primär um pragmatische Aspekte geht. Der Wunsch der
328 Wissenschaftler ist es, schnell, einfach und kostenlos auf
329 wissenschaftliche Erkenntnisse zugreifen zu können, die konkrete
330 Rechtesituation oder gar der ethische Aspekt freien Wissens
331 stehen im Hintergrund. Bei Open Source ist jedoch
332 ein deutlich stärkeres Bewusstsein für eine klare Definition,
333 Rechtslage und Einheitlichkeit vorhanden.
334 Dies liegt wohl zum einen am Charakter seiner Beteiligten, die als
335 Programmierer genaue Definitionen schätzen, als
336 auch an ihrer Geburt aus der Freien Software,
337 die eine klare Rechtslage als eine Kernaufgabe sieht.
338 Nicht zuletzt ermöglichen auch anerkannte Leitfiguren
339 eine Einigung auf klare Worte.
343 %###################################################################
344 \section{Realisierungen}
346 Dieser Abschnitt stellt die Definitionen der verschiedenen
347 Konzepte und typische Lizenzen vor.
350 \subsection{Freie Software}
352 Für die Freie Software gibt es eine Definition der Free Software
353 Foundation,
354 \autocite{fsf-def}
355 die vier Freiheiten umfasst. Sind diese gegeben, dann
356 wird ein Stück Software als frei angesehen:
358 \begin{itemize}
359 \item The freedom to run the program, for any purpose (freedom~0).
360 \item
361 The freedom to study how the program works, and change it so
362 it does your computing as you wish (freedom~1). Access to the
363 source code is a precondition for this.
364 \item
365 The freedom to redistribute copies so you can help your
366 neighbor (freedom~2).
367 \item
368 The freedom to distribute copies of your modified versions to
369 others (freedom~3). By doing this you can give the whole community
370 a chance to benefit from your changes. Access to the source code
371 is a precondition for this.
372 \end{itemize}
374 \noindent
375 Die FSF pflegt eine Liste von Software-Lizenzen, die sie nach
376 dieser Definition als frei ansieht.
377 \autocite{fsf-licenses}
378 Die \emph{General Public License} (GPL)
379 \autocite{gpl}
380 ist die typische Lizenz für die Freie Software-Bewegung.
381 Sie basiert auf einem besonderen Konstrukt, dem
382 \emph{Copyleft}.
383 \autocite{copyleft}
384 Dieses erzwingt, dass
385 jedes abgeleitete Werk wiederum unter der gleichen Lizenz stehen
386 muss. Damit wird verhindert, dass ein Stück GPL-lizenzierter Code
387 jemals auf eine Weise genutzt werden kann, die nicht jedermann
388 gleichfalls zur Verfügung steht. Alle auf Copyleft-Werke aufbauenden
389 Werke werden also wiederum Freie Software sein.
390 Dieser Zwang wird von manchen als Einschränkung der individuellen
391 Freiheit angesehen, von anderen dagegen als Sicherung der Freiheit
392 aller.
396 \subsection{Open Source}
398 Die Open Source-Definition der Open Source Initiative
399 \autocite{osi-def}
400 ist eine leicht abgewandelte Formulierung der
401 Debian Free Software Guidelines,
402 \autocite{dfsg}
403 welche für die
404 GNU/\-Linux-Distribution \emph{Debian} entwickelt worden sind.
405 Die Ausrichtung auf die Bedürfnisse einer Distribution, also
406 eines Projektes, das verschiedene Programme sinnvoll
407 zusammenstellt, geeignet anpasst und dann als \enquote{Sammelwerk}
408 verbreitet, sind klar zu erkennen. Die Definition ist folglich
409 eine Checkliste,
410 die Lizenzen durchlaufen müssen, damit die damit lizensierte Software
411 in die Distribution aufgenommen werden kann. Gefordert werden:
413 \begin{itemize}
414 \item Free Redistribution
415 \item Source Code
416 \item Derived Works
417 \item Integrity of The Author's Source Code
418 \item No Discrimination Against Persons or Groups
419 \item No Discrimination Against Fields of Endeavor
420 \item Distribution of License
421 \item License Must Not Be Specific to a Product
422 \item License Must Not Restrict Other Software
423 \item License Must Be Technology-Neutral
424 \end{itemize}
426 \noindent
427 Eine präferierte Open Source-Lizenz gibt es nicht. Dem Charakter
428 von Open Source entsprechen BSD-artige Lizenzen aber am besten.
429 Der Kern deren Aussage lässt sich umgangsprachlich so zusammenfassen:
430 Mache mit dieser Software was du willst, solange du sagst wer
431 sie geschrieben hat. Und erwarte keine Garantie oder Haftung für
432 irgendwas.
434 Zum allergrößten Teil entsprechen sich die Definitionen der OSI und
435 FSF bei der Frage, wie eine konkrete Lizenz klassifiziert wird:
436 \enquote{The two definitions lead to the same result in practice, but use
437 superficially different language to get there.}
438 \autocite{osi-faq}
443 \subsection{Free Cultural Works}
445 Inspiriert von der Definition von Freier Software erfordern Free
446 Cultural Works folgende essentiellen Freiheiten:
447 \autocite{fcw-def}
449 \begin{itemize}
450 \item The freedom to use and perform the work
451 \item The freedom to study the work and apply the information
452 \item The freedom to redistribute copies
453 \item The freedom to distribute derivative works
454 \end{itemize}
456 \noindent
457 Daneben gibt es zusätzliche Anforderungen:
459 \begin{itemize}
460 \item Availability of source data
461 \item Use of a free format
462 \item No technical restrictions
463 \item No other restrictions or limitations
464 \end{itemize}
466 \noindent
467 Wenn auch keine weiteren Einschränkungen und Begrenzungen erlaubt
468 sind, so gibt es bestimmte Einschränkungen, die akzeptabel
469 sind, ohne die essentiellen Freiheiten zu beeinflussen:
471 \begin{quote}
472 In particular, requirements for attribution, for symmetric
473 collaboration (i.e., \enquote{copyleft}), and for the protection of
474 essential freedom are considered permissible restrictions.
475 \end{quote}
477 \noindent
478 Typische Lizenzen für Free Cultural Works sind die zwei Creative
479 Com\-mons-Lizenzen CC BY und CC BY-SA, sowie die Public Domain
480 Dedication CC0. (Die anderen CC-Lizenzen sind unfrei im Sinne dieser
481 Definition.)
483 Auch für Free Cultural Works gibt es eine Liste von
484 Lizenzen, die den Anforderungen genügen.
485 \autocite{fcw-licenses}
489 \subsection{Open Access}
491 Eine singuläre, anerkannte Definition, wie es für die anderen
492 Konzepte der Fall ist, gibt es für Open Access nicht.
493 Über die Jahre entstanden allerlei Definitionen, die sich teilweise
494 unterscheiden.
496 Die erste Definition, die den Begriff \enquote{Open Access} verwendet
497 hatte, war die \emph{Budapest Open Access Initiative}
498 \autocite{budapest02}
499 in 2002. Sie definiert:
501 \begin{quote}
502 The literature that should be freely accessible online is that which
503 scholars give to the world without expectation of payment. [...] By
504 \enquote{open access} to this literature, we mean its free availability on the
505 public internet, permitting any users to read, download, copy, distribute,
506 print, [...], or use them for any other lawful purpose, without financial,
507 legal, or technical barriers other than those inseparable from gaining
508 access to the internet itself. The only constraint on reproduction and
509 distribution, and the only role for copyright in this domain, should be
510 to give authors control over the integrity of their work and the right
511 to be properly acknowledged and cited.
512 \end{quote}
514 \noindent
515 Ein Jahr später erschien die
516 \emph{Berlin Declaration on Open Access to Knowledge
517 in the Sciences and Humanities}:
518 \autocite{berlin03}
520 \begin{quote}
521 The author(s) and right holder(s) of such contributions grant(s)
522 to all users a free, irrevocable,
523 worldwide, right of access to, and a license to copy, use,
524 distribute, transmit and display the work
525 publicly and to make and distribute derivative works, in any
526 digital medium for any responsible
527 purpose, subject to proper attribution of authorship ([...]),
528 as well as the right to make small numbers of
529 printed copies for their personal use.
530 \end{quote}
532 \noindent
533 (Sie basiert stark, teilweise sogar im Wortlaut, auf dem
534 \emph{Bethesda Statement on Open Access Publishing},
535 \autocite{bethesda03}
536 ebenfalls von 2003.)
538 Hier sind abgeleitete Werke nun auch explizit beachtet.
539 Über die Budapester Erklärung hinaus geht auch die Forderung,
540 dass das Werk mitsamt aller Quellmaterialien in einem Repositorium
541 veröffentlicht werden muss.
542 Zudem
543 unterscheidet man zwischen der digitalen und materiellen
544 Vervielfältigung und Verbreitung. Das kann sicher als
545 Zugeständnis an das Verlagswesen gewertet werden. Bei der Freien
546 Software gibt es diese Unterscheidung nicht. Bei Open Source ist
547 sie sogar explizit ausgeschlossen.
548 Im Gegensatz zur Budapester Erklärung ist das Thema der Kosten
549 nicht so prominent präsentiert. Das entspricht der Situation bei
550 den Definitionen für Freie und Open Source Software --
551 libre, nicht gratis.
553 Als typische Lizenzen für Open Access-Inhalte haben sich die
554 Creative Commons-Lizenzen etabliert. In der Neuauflage der
555 Budapester Empfehlungen von 2012
556 wird sogar explizit die CC BY-Lizenz empfohlen.
557 \autocite{budapest12}
558 Die Tendenz zu CC BY scheint sich (zumindest für
559 Zeitschriftenartikel) durchzusetzen.
560 Daneben sind aber auch die anderen CC-Lizenzen (v.\,a. CC
561 BY-NC, CC BY-ND und CC BY-NC-ND) verbreitet.
562 Was die reinen Quelldaten angeht, so werden diese inzwischen
563 zumeist unter CC0 veröffentlicht ... falls sie denn veröffentlicht
564 werden.
568 \begin{table}[h]
569 \centering
570 \footnotesize
571 \caption{Geforderte Rechte}
572 \bigskip
573 \renewcommand{\arraystretch}{1.3}
574 \begin{tabular*}{\textwidth}{ l | c c c c c }
575 Definition & Nutzen$^{*}$ & Kopieren & Verbreiten & Verändern & Veränderungen verbreiten \\
576 \hline
577 FSF & \ding{51} & \ding{51} & \ding{51} & \ding{51} & \ding{51} \\
578 OSI & \ding{51} & \ding{51}$^{\dag}$ & \ding{51} & \ding{51} & \ding{51} \\
579 FCW & \ding{51} & \ding{51} & \ding{51} & \ding{51} & \ding{51} \\[9pt]
580 Budapest & \ding{51} & \ding{51} & \ding{51} & --- & --- \\
581 Berlin & \ding{51} & \ding{51}$^{\ddag}$ & \ding{51} & \ding{51} & \ding{51} \\
582 \end{tabular*}
583 \medskip
584 \caption*{
585 \normalfont
586 \scriptsize
587 \begin{tabular}{l l}
588 $*$ & Betrachten, Lesen, Ausführen, etc. \\
589 $\dag$ & Nicht explizit erwähnt, aber notwendigerweise als
590 Voraussetzung angesehen \\
591 $\ddag$ & Ausdrucke nur in kleinen Stückzahlen für den
592 persönlichen Gebrauch \\
593 \end{tabular}
594 }
595 \end{table}
599 %###################################################################
600 \section{Diskussion}
602 \subsection{Freiheit}
604 %--- freiheit
606 Die verschiedenen Bewegungen scheiden sich an der Frage, was
607 als wichtiger angesehen wird, die Freiheit der Information
608 im Generellen oder ihr konkreter praktischer Wert zum aktuellen
609 Zeitpunkt.
611 Die Freie Software-Bewegung legt größten Wert auf die Freiheit,
612 denn in ihr sieht sie die Voraussetzung für alle anderen
613 Bestrebungen.
614 Bruce Perens, der 1998 die Open Source Initiative mitgegründet
615 hatte, wandte sich ein Jahr später wieder davon ab und der
616 Freien Software zu, da für ihn der Wert der Freiheit wichtiger
617 erschien:
618 \autocite{perens-fs}
620 \begin{quote}
621 Most hackers know that Free Software and Open Source are just two
622 words for the same thing. Unfortunately, though, Open Source has
623 de-emphasized the importance of the freedoms involved in Free
624 Software. It's time for us to fix that. We must make it clear to
625 the world that those freedoms are still important, and that
626 software such as Linux would not be around without them.
627 \end{quote}
629 \noindent
630 Die Neuauflage der Empfehungen der Budapest Open Access Initiative
631 liefert im Bezug auf die Bedeutung der Freiheit eine Rangfolge in
632 erfreulicher Klarheit:
633 \enquote{[...] we recognize that gratis access is better than priced
634 access, libre access is better than gratis access, and libre under
635 CC-BY or the equivalent is better than libre under more
636 restrictive open licenses.}
637 \autocite{budapest12}
638 (Nur über die konkrete Empfehlung von CC BY und was hier
639 \enquote{equivalent} bedeutet lässt sich streiten.)
641 %--- abhaengigkeit
643 Kritisch am Open Access zu sehen ist die fortwährende
644 Abhängigkeit von der Verwertungsindustrie. Diese favorisiert,
645 verständlicherweise, den Goldenen Weg, welcher diese Abhängigkeit
646 beibehält. Die Verwerter-unabhängige Zugänglichmachung auf dem
647 Grünem Weg, geht als \emph{Zweit}veröffentlichung in das
648 Verständnis der Wissenschaftler ein.
649 Wie anders wäre die Ausgangsbasis, würden die
650 Wissenschaftler die freien Repositorien als natürlichen ersten
651 Veröffentlichungsort wählen und anschließend in einem Verlag
652 zweitveröffentlichen! Zu abwegig scheint dieser Ansatz nicht zu
653 sein, denn beispielsweise mit dem Preprint-Server ArXiv ist die
654 Praxis in der Physik gar nicht so weit davon entfernt.
656 %--- entscheidungsfreiheit
658 Die idealistischen Bewegungen versuchen stets Abhängigkeiten zu
659 vermeiden, um ihre eigene Entscheidungsfreiheit zu bewahren.
660 Dabei spielt die Zusammensetzung der Beteiligten eine Rolle.
661 Wie groß ist der Anteil derjenigen, die aus einem inneren Bedürfnis
662 heraus, meist in ihrer Freizeit, aktiv sind, und wie groß ist der
663 Anteil jener, für die es ein Job zum Lebensunterhalt ist?
664 Die erste Gruppe tut sich deutlich einfacher damit,
665 ihren persönlichen Vorstellungen nachzugehen. Die zweite Gruppe
666 befindet sich in der Abhängigkeit, immer auch Erwartungen
667 von außen entsprechen zu müssen. Ihre Entscheidungsfreiheit ist
668 schon von Beginn an beschränkt.
670 %--- selbstbestimmung
672 Die Bewegungen Freie Software, Open Source, und nicht zuletzt Free
673 Cultural Works zeigen eine Form der Selbstbestimmung der Urheber,
674 die der Open Access nicht erkennen lässt.
675 Der Grund mag darin liegen, dass bei ersteren eine größere Bindung
676 zum eigenen Werk vorliegt, als es bei den Wissenschaftler der Fall
677 zu sein scheint.
678 Die Angst, dass man das eigene Werk \enquote{verliert}, wenn man
679 Verwertern exklusive Nutzungsrechte einräumt, scheint bei den
680 Wissenschaftlern nicht allzu groß zu sein. Die Veröffentlichung
681 wird scheinbar mehr als Mittel zum Zweck gesehen. Wo aber das eigene
682 Werk hoch geschätzt wird, wird ein größeres Bewusstsein für
683 die (Urheber-)Rechtslage vorhanden sein. Unter freien Lizenzen
684 bleibt einem selbst sein Werk zwar nicht vorbehalten, man kann
685 aber die Rechte daran auch nicht verlieren.
689 \subsection{Gemeingut}
691 %--- zielgruppe
693 Eine weitere Unterscheidung der Bewegungen lässt sich im Bezug
694 auf die Hauptzielgruppe treffen:
695 Geht es in erster Linie um die Interessen der Gemeinschaft oder
696 um die Interessen der Einzelperson?
698 Alle vorgestellten Bewegungen haben die gesamte Menschheit im
699 Blick, wenn auch mit unterschiedlich starkem Fokus darauf.
700 Sind also Ausnahmen für Untergruppen, wie beispielsweise
701 die Forschung und Lehre, akzeptabel oder nicht? Die Bewegungen,
702 die ethische Gesichtspunkte vertreten, verneinen. Die
703 pragmatischen Bewegungen sehen darin aber eine einfachere
704 Durchsetzbarkeit und somit mittelfristige Vorteile.
705 Ob durch das ungenutzte, weil ausgegrenzte Potenzial oder durch
706 immer wieder neu zu erkämpfende Grenzbereiche langfristige
707 Nachteile entstehen, bleibt zu klären.
708 Bei der Freien Software und den Free Cultural Works ist klar:
709 Zuerst dem Volk, dann den Verwertern.
710 Entscheidend dabei ist aber, dass nichts gegen eine kommerzielle
711 Verwertung spricht, nur darf dieses Bestreben die
712 Rechte der Allgemeinheit nicht beschränken.
714 Ein schönes Beispiel für eine Verpflichtungserklärung der
715 Menschheit gegenüber ist der \emph{Debian Social Contract}.
716 \autocite{dsc}
717 Eine so klare und konkrete Erklärung der Wissenschaft der Menschheit
718 gegenüber wäre ein wertvolles Leitbild für die Open
719 Access-Bewegung. Die Open Access-Erklärungen enthalten zwar Leitbilder,
720 diese sind aber leider allzu oft voll wolkiger Worthülsen.
721 Verständlich ist das Bedürfnis, sich nicht festnageln lassen zu
722 wollen, gerade das jedoch wäre ein wichtiger Schritt in Richtung
723 Glaubwürdigkeit.
725 %--- nc
727 Die im Open Access verbreitete Tendenz zu
728 Non-Commercial-Ein\-schränk\-ung\-en (NC) gibt es bei den anderen Bewegungen
729 nicht. Dort sieht man in kommerziellen Angeboten einen Mehrwert,
730 auf den man nicht verzichten will.
731 Beim Open Access mag die Tendenz daher rühren, dass auch die
732 Verwerter selbst in der Bewegung aktiv sind und sich dieses
733 Marktfeld exklusiv reserviert halten wollen.
735 Das Bedürfnis, zu verhindern, dass sich Andere am eigenen Werk
736 bedienen ohne etwas zurückzugeben, ist durchaus auch in den anderen
737 Bewegungen vorhanden.
738 Das Mittel der Wahl dagegen ist das Copyleft-Prinzip.
739 Dieses lässt die kommerzielle Nutzung sehr wohl zu, stellt aber
740 sicher, dass jeder die gleichen Möglichkeiten der kommerziellen
741 Nutzung hat und dass jedes aufbauende Werk dem ursprünglichen
742 Urheber (und jedem sonst) ebenfalls zur Verfügung steht.
744 %--- copyleft
746 Ob nun solche Copyleft-Lizenzen gut sind oder nicht, darüber ist
747 sich die Gemeinschaft nicht einig.
748 Beide Lizenztypen, die mit Copyleft (z.\,B. die GPL) und die ohne
749 (z.\,B. die BSD-artigen), bestehen
750 nebeneinander, und das schon seit dreißig Jahren. Es ist nicht
751 abzusehen, dass eine Art die Oberhand gewinnen würde.
752 Bei den Creative Commons-Lizenzen gibt es mit CC BY und CC BY-SA
753 ein äquivalentes Paar. (Dort wird \enquote{Copyleft} als \enquote{Share-alike}
754 bezeichnet.) Auch hier werden wahrscheinlich beide Arten nebeneinander,
755 gut möglich für unterschiedliche Publikationsformen,
756 fortbestehen, da sie unterschiedliche Vor- und Nachteile haben.
759 \subsection{Schlagkraft}
761 %--- heterog.
763 Ein großer Unterschied zwischen Open Access und den anderen
764 Konzepten ist die Menge seiner unterschiedlichen Beteiligten. Während
765 sich die anderen Konzepte um kleine Gruppen von ähnlich
766 Denkenden herum aufbauen, ist der Open Access eine Bewegung die sehr
767 viele Personen, Institutionen und Unternehmen mit ihren
768 eigenen, unterschiedlichen Interessen mitformen, ohne dass es eine
769 klare Führung gäbe. Wenn auch von den Wissenschaftlern
770 initiiert, wirken nun auch viele andere Akteure mit.
771 Als Folge wird der Begriff \enquote{Open Access} inzwischen fast wahllos
772 verwendet. Die wissenschaftliche Gemeinschaft -- falls es die gibt
773 -- hat keine Form der Abgrenzung und Reinhaltung ihres Konzeptes
774 gefunden. Wie sollte sie auch, wo sie sich selbst noch nicht klar
775 ist, welche Werte und Forderungen sie denn vertritt.
776 Wo die anderen Bewegungen anerkannte Definitionen vorweisen können,
777 gelingt dies dem Open Access nicht.
778 Zu stark ist die systemimmanente Heterogenität der Wissenschaft.
779 Zu schwer fällt es den Wissenschaftlern, sich zu organisieren,
780 zumindest sich schlagkräftig und konsequenzbereit zu organisieren.
781 Zu stark sind aber auch die Traditionen des Publizierens, mit
782 der starken Einflussposition der Unternehmen.
783 So sind es nun eben diese Unternehmen, die die Praxis des
784 Open Access prägen und ausgestalten. Nach anfänglichen
785 Startschüssen haben die Wissenschaftler heute die Kontrolle
786 großteils aus der Hand gegeben.
787 Von der Definition des Open Access bleibt als gemeinsamer Nenner
788 letztlich nur der kostenlose (Lese-)Zugriff, also der Wortsinn
789 des Begriffes selbst, übrig. Nur hierin sind sich alle Beteiligten
790 einig.
792 %--- reinhaltung
794 Anders bei der Open Source-Bewegung:
795 Als Microsoft mit seinem
796 \emph{Shared Source}-Konzept
797 auf den Open Source-Zug aufspringen wollte, wurde das als reine
798 Nutznießerei ohne erkennbare Unterstützung des Kerngedankens der
799 Open Source-Bewegung erkannt und verurteilt.
800 \autocite{perens-stand-together}
801 Folglich wendete sich die Gemeinschaft ab.
802 Diese aktive Abgrenzung von reinen Trittbrettfahrern, die die Integrität
803 der Bewegung verwässern würden, fehlt dem Open Access bislang.
804 Sie setzt allerdings ein gemeinsames Selbstverständnis voraus.
806 %--- pragmatismus.
808 Leider herrscht bei den Wissenschaftlern oft ein Pragmatismus vor,
809 der lediglich den Erträglichkeitslevel akzeptabel halten will. Der
810 idealistische Wunsch der grundlegenden Verbesserung geht meist
811 neben den pragmatischen Anforderungen des Alltags unter.
815 \subsection{Qualität}
817 %--- qualitaet
819 Mit Bezug auf Open Source kann man für den Open Access
820 argumentieren, dass die Offenlegung aller Forschungsdaten und der
821 daraus entstehenden Publikationen zu besseren Forschungsergebnissen
822 führen kann. Das sogar auf mehrerlei Weise: Man bietet anderen
823 Forschern und sonstigen Interessierten die Möglichkeit, Fehler zu
824 finden und weitere Erkenntnisse zu entdecken; es werden aufbauende
825 und zusammenführende Arbeiten gefördert; und nicht zuletzt
826 werden die Wissenschaftler, aufgrund der Gewissheit, nachprüfbar zu
827 sein, sorgfältiger arbeiten. Diese Verbesserungen der
828 wissenschaftlichen Qualität müssen nicht eintreten, sie sind
829 aber wahrscheinlich. Nachteile durch die Offenlegung sind nur
830 zu befürchten, wenn die wissenschaftliche Ethik und
831 Selbstorganisation versagen.
832 Das bisherige Zögern der Wissenschaft mag von einem fehlenden
833 Selbstbewusstsein oder von zu starkem Herdentrieb stammen.
837 \subsection{Fazit}
839 %--- lernen aus fs
841 Die in diesem Beitrag vorgestellten Konzepte zeigen Möglichkeiten,
842 wie sich Ziele und Wünsche vertreten lassen, so dass nebenrangige
843 Beteiligte weiterhin bestehen und wertschöpfend sein können,
844 ohne die zentralen Interessen zu gefährden.
845 Notwendig dafür ist eine Bewegung mit einem schlagkräftigen und
846 akzeptierten Kern an Wortführern und eine breite Basis von sich
847 einigen Anhängern. Diese muss klare Definitionen und
848 Ausrichtungen vorgeben und dann das Konzept rein halten.
850 An sich ist die Wissenschaft mit dem Open Access auf einem noch
851 guten Weg. Die vorhandenen Definitionen sind eine brauchbare
852 Ausgangsbasis, die bereits Konsolidierungstendenzen aufweist. Auch ein
853 Bewusstsein für die Situation und ihre Hintergründe wird
854 zunehmend geschaffen, gerade auch von den Bibliotheken.
855 Entscheidend ist aber, dass das Bemühen jetzt, wo die Verwerter
856 einzuschwenken beginnen, nicht nachlässt. Noch ist nichts
857 grundlegend geändert. Noch ist die Situation nicht gut,
858 nur nicht mehr untragbar. Jetzt ist der Zeitpunkt, aktiv zu werden!
859 Jetzt muss die Wissenschaft ihr Selbstverständnis bestätigen!
860 Jetzt muss sie ihre Definition von Open Access klarer machen!
861 Jetzt muss die wissenschaftliche Gemeinschaft an ihrer
862 Selbstorganisation arbeiten!
863 Open Access-Pub\-li\-ka\-tionen müssen geschätzt werden! Der
864 Gemeinschaft vorenthaltene oder nur erschwert zugängliche
865 Publikationen müssen benachteiligt werden! Das Geheimhalten von
866 Forschungsdaten muss kritisiert werden!
867 Was in der Berlin Declaration schon vor einem Jahrzehnt
868 gefordert wurde, muss die Praxis werden!
869 Die blinde Lobhudelei auf der Basis von naiven Kennzahlen muss aufhören!
871 Es reicht aber nicht, die Wissenschaftler nur zu \enquote{bestärken}
872 und Open Access-Veröffentlichungen \enquote{anzuerkennen}.
873 Nein! Die Wissenschaft muss Open Access spürbar wertschätzen!
874 Die Umsetzung steht der Wissenschaft frei.
875 Sie muss sich nur selbst organisieren und dann ihre eigenen Werte leben.
878 \bigskip
879 \bigskip
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881 \begin{quote}
882 \subsubsection*{Public Domain Dedication}
883 \footnotesize
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886 Für mich selbstvertändlicherweise ist dieses Werk frei (libre),
887 offen und transparent. Das fertige Dokument, sein Quellcode
888 (in Latex) und seine Entstehungsgeschichte (im Versionskontrollsystem)
889 stehen jedermann vollumfänglich zur Verfügung.%
890 \footnote{\url{http://marmaro.de/docs/bib/oa-fs/}.}
891 Mittels \emph{CC0 1.0 Universell}
892 \footnote{\url{http://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/}.}
893 verzichte ich weltweit auf alle urheberrechtlichen
894 und verwandten Schutzrechte, soweit das gesetzlich möglich ist.
895 \end{quote}
896 \endgroup
899 \clearpage
900 \printbibliography
902 \end{document}