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author markus schnalke <meillo@marmaro.de>
date Mon, 20 Oct 2014 07:43:31 +0200
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15 \bibliography{ref1-pb.bib}
17 \title{Die Anfänge der digitalen Revolution:\\
18 Der Einzug der Computertechnik
19 in das wissenschaftliche Bibliothekswesen
20 am Beispiel der baden-württembergischen
21 Universitätsbibliotheken Konstanz und Ulm
22 }
23 \author{Markus Schnalke}
24 \authoremail{meillo@marmaro.de}
25 \institution{ KIT-Bibliothek / Bibliotheksakademie Bayern }
26 \date{2013-11-25}
29 \begin{document}
31 \maketitle
34 %###################################################################
36 \section{Einführung}
38 Die Begriffe \emph{Computertechnik} und
39 \emph{Elektronische Datenverarbeitung} (EDV) werden in dieser
40 Arbeit weit gefasst.
41 Der Grund dafür ist, dass der Beginn der Datenverarbeitung nicht
42 elektronisch, sondern zuerst mechanisch und elektrisch war.
43 Dieser Beginn war eine Revolution, wohingegen der nachfolgende
44 Wandel zur elektronischen und computergestützten Verarbeitung ein
45 fließender war.
46 Es soll in dieser Arbeit also um Formen maschinenunterstützter
47 Datenverarbeitung gehen, welche sich über die Jahre von der
48 mechanisch-elektrischen Realisierung zur
49 elektronisch-computergestützen Realisierung fortentwickelten.
50 Der breit ausgelegte Begriff \emph{EDV} bezeichnet hier
51 weniger die konkrete Technologie als vielmehr ihre
52 Unterstützungs- und Automatisierungseigenschaft.
54 Wenn auch die Vorformen der EDV bereits in der ersten Hälfte des
55 20. Jahrhunderts auftraten, so erreichen sie das wissenschaftliche
56 Bibliothekswesen erst in den 60er Jahren:
57 \glqq{}Die Postmoderne begann an den Universitätsbibliotheken 1963 mit
58 der Bochumer Neugründung, wo die EDV zunächst für
59 Katalogisierung und Ausleihe von Büchern eingesetzt wurde, ein
60 Konzept, das von allen Neu\-grün\-dungen übernommen wurde.\grqq{}%
61 \footnote{\textcite[S. 190]{jochum}.}
62 In dieser Zeit war das
63 universitäre Bibliothekswesen stark im Umbruch begriffen. Es war
64 die Zeit der Studentenexplosion. Viele neue Universitäten
65 wurden gegründet. Das Konzept der Zentralbibliotheken kam auf.
66 Man versuchte \glqq{}mit den Bibliotheksneugründungen der 60er
67 und 70er Jahre, die eine Antwort auf die befürchtete
68 Bildungskatastrophe sein sollten, auch bibliothekarisch neue Wege
69 zu gehen.\grqq{}%
70 \footnote{\textcite[S. 182]{jochum}.}
72 Auf der technologischen Seite
73 begann in den 60er Jahren der bedeutende Übergang von
74 Stapelverarbeitungsmaschinen (meist mit Lochkarten und
75 Lochstreifen) zu interaktiven Systemen mit tastaturbetriebenen
76 Terminals.
78 Sowohl die Welt der Universitätsbibliotheken
79 als auch die Computertechnologie erfuhren in den 60er und 70er
80 Jahren bedeutende Veränderungen:
81 In dieser Gemengelage des Wandels fanden die
82 Bibliotheken und die EDV zueinander.
85 Der Beginn der Bibliotheks-EDV lag im
86 \glqq{}Goldene[n] Jahrzehnt für die Bibliotheken\grqq{}.%
87 \footnote{\textcite[S. 193]{jochum}.}
88 Mitte der 70er Jahre folgte dann die weltweite Rezession, die die
89 Bibliotheken schockte und ernüchterte.
90 Der Atkinson-Report von 1976 stieß zudem zum Umdenken an:
91 Das Wachstum würde so nicht weiter gehen.
92 Ein neues Rationalisierungsdenken zog in die Bibliothekswelt ein.
93 In der noch neuen EDV sah man da die Lösung vieler Probleme.
96 Dass die Bibliotheken der neugegründeten Universitäten die
97 Pioniere der neuen Möglichkeiten waren, überrascht nicht. Sie
98 mussten keine bestehenden Sys\-teme umstellen. Sie hatten keine
99 Altlasten. Sie hatten die Möglichkeit neu zu planen.
100 Es wurde von ihnen sogar regelrecht erwartet, dass sie die
101 neuen Technologiemöglichkeiten aufgreifen und umsetzen würden:
102 \glqq{}Gerade in der Welt der Universitäten hatte sich in jenen Jahren
103 eine hochgezogene Erwartung ausgebildet, vor welcher der Mangel
104 an Bereitschaft, den Computer einzusetzen, als konservative
105 Rückständigkeit erschien.\grqq{}%
106 \footnote{\textcite[S. 78]{knub10a}.}
109 Diese Arbeit behandelt die beiden in Baden-Württemberg in den 60er
110 Jahren neugegründeten Universitätsbibliotheken: Konstanz und Ulm
111 -- die Vorreiter im \emph{Ländle}.
112 (Die Vorläufer der Mannheimer UB gehen bis ins 18. Jhdt. zurück.)
115 \emph{Die Bibliothek der Universität Konstanz}
116 (KNUB) wurde 1965 gegründet.
117 Das erste Studiensemester war 1966. Die Bibliothek hatte damit
118 rund 1,5 Jahre Vorlauf. Dieser wurde als unbedingt notwendig
119 angesehen.%
120 \footnote{\textcite[S. 26]{knub10a}.}
121 In der Vorphase lag der Fokus auf der Erwerbung.
122 Die Bestandserschließung war da nur ein Beiprodukt.
123 Der Gesamtkatalog war zu dieser Zeit eine Kopie der Bestandskartei.%
124 \footnote{\textcite[S. 26]{knub10a}.}
125 Mit Beginn der Katalogisierung zog auch die EDV in die KNUB ein,
126 denn in Konstanz wurde ganz auf einen Zettelkatalog verzichtet.
127 Es wurde sofort per EDV katalogisiert.
128 Das Universitätsrechenzentrum wurde 1971 eingerichtet.
131 Die Ausrichtung der
132 \emph{Universitätsbibliothek Ulm}
133 (ULUB)
134 war schon vor ihrer Gründung, im Jahr 1964, klar, denn:
135 \glqq{}Mit der Einrichtung und dem Aufbau der Universitätsbibliothek Ulm
136 hat ihr Gründungsbibliothekar Dr. med. Richard Polacsek stets
137 die \glq{}Bibliothek der Zukunft\grq{}, eine von der Elektronik beherrschte
138 und verwaltete Bücherwelt, im Auge gehabt.\grqq{}%
139 \footnote{\textcite[S. 55]{ulub20a-edv}.}
140 Trotz erstmaligem Einzug in die Räume des barocken Klosters
141 Wiblingen, blieb man nüchtern:
142 \glqq{}Rationalität der Arbeitsabläufe, Schnelligkeit und
143 Zuverlässigkeit der Informationen, problemloser Zugriff auf
144 Literaturtitel und Datensysteme, rechnergestützte
145 Informationsübertragung und Nutzung weit entfernt gespeicherter
146 Wissensschätze haben da unvergleichlich höhere Bedeutung,
147 [als ein schönes Ambiente].\grqq{}%
148 \footnote{\textcite[S. 120]{ulub20a-kloster}.}
149 Das Rechenzentrum der Uni wurde 1968 eingerichtet.%
150 \footnote{\textcite[S. 62]{ulub20a-edv}.}
153 Innerhalb Deutschlands lagen die EDV-Vorreiterbibliotheken
154 vor allem in Nordrhein-Westfalen, beginnend mit der UB Bochum.
155 Die UB Regensburg in Bayern gehörte ebenfalls zur Spitzengruppe.
156 Die Bibliotheken Hessens folgten anschließend.
157 Die großen, alten Bibliotheken hatten zu eingefahrene Strukturen
158 um auf den schnellen Wandel aufzuspringen.
159 Die neu gegründeten Bibliotheken bauten dagegen gleich zu Beginn
160 Strukturen auf, die die EDV als zukünftig festen Bestandteil
161 einbezogen.
165 Zu Beginn
166 wurden Computer, wie die Schreibmaschinen, als reine Werkzeuge
167 zur Arbeitserleichertung angesehen. Sie haben im damaligen Bild
168 ebensowenig Selbstzweck, wie eine Schreibmaschine, ein Blaupapier
169 oder eine Druckmaschine.
170 (Der direkte Zugriff auf Literatur, der Mitte der 70er Jahre auftaucht,
171 war zu Beginn noch nicht präsent.
172 In dieser Arbeit wird er gänzlich ausgespart.)
173 Man erkannte in den Datenverarbeitungsmaschinen eine Möglichkeit
174 aufwändige Arbeit zu erleichtern.
175 Vor diesem Hintergrund wird klar, dass Computer,
176 oder allgemeiner, die automatisierte Datenverarbeitung, zuerst
177 dort eingesetzt wurde, wo der manuelle Aufwand am größten war,
178 dort wo das größte Verbesserungspotenzial im Betriebsablauf
179 möglich schien. Dies war üblicherweise die Katalogisierung.
185 %###################################################################
186 \section{Katalog}
189 Mitte des 20. Jahrhunderts war die Katalogisierung von den Preußischen
190 Instruktionen (PI) und
191 Katalogkarten geprägt. Die Karten wurden mit der Schreibmaschine
192 getippt, und mittels Matrizenverfahren wurden mehrere Durchschläge für
193 Nebeneintragungen erzeugt. Die Karten wurden damals vom
194 höheren Dienst nach den komplizierten Ordnungsregeln der PI
195 sortiert und eingelegt. Jeder Titel, den eine Bibliothek
196 erwarb, wurde vollständig formalkatalogisiert, unabhängig
197 davon ob andere Bibliotheken bereits ein Katalogisat erstellt
198 hatten.
200 Mit den Bibliotheksneugründungen der 60er Jahre, ihrem Wachstum und der
201 Zentralisierung entstehen neue Anforderungen an die Katalogisierung.
202 Statt vieler kleiner Kataloge als Einzelstücke in
203 Institutsbibliotheken wurden zunehmend große Gesamtkataloge
204 in Zentralbibliotheken gepflegt. Diese sollten in Kopie auch an den
205 dezentralen Standorten verfügbar sein.
206 \glqq{}Durchgesetzt hat sich im wesentlichen lediglich ein von der
207 zentralen Universitätsbibliothek angelegter Zentralkatalog für
208 alle an den Institutsbibliotheken einer Hochschule vorhandenen
209 Bücher.\grqq{}%
210 \footnote{\textcite[S. 190]{jochum}.}
211 Der Bedarf an effektiven
212 Mehrfachausfertigungen wurde notwendig. Das Bestandswachstum erforderte
213 zudem zunehmend bessere, feinere und weitere Sucheinstiege, um sich in der
214 Masse von Literatur weiterhin zurecht zu finden. Es wurde damit
215 nötig die komplizierter werdende Katalogisierung weiterhin
216 effizient abzuwickeln. Die steigende Literaturmenge
217 erforderte eine schnellere Katalogisierung, um Schritt
218 halten zu können. Es galt, rationeller zu arbeiten.
220 Diese Erkenntnisse waren Mitte der 60er Jahre vorhanden, sie
221 konnten aber nur schrittweise umgesetzt werden. Der einfache
222 Grund: Es fehlte an Rechnern.
223 \glqq{}Das Hemmnis [\ldots{}] war, dass es einen hochschuleigenen Computer
224 in Ulm erst im April 1971 geben sollte.\grqq{}%
225 \footnote{\textcite[S. 55]{ulub20a-edv}.}
226 \glqq{}Die Universitätsbibliothek Ulm besitzt noch keine
227 eigene Datenverarbeitungsanlage. In absehbarer Zeit wird jedoch
228 entweder die Bibliothek selbst oder die Hochschule ein
229 Rechenzentrum einrichten. Die Arbeit mit dem Computer soll daher
230 schon vorbereitet werden.\grqq{}%
231 \footnote{\textcite[S. 117]{flexowriter}.}
233 Erst 1968, vier Jahre nach der Gründung der UB, wird das Rechenzentrum
234 in Ulm gegründet. In Konstanz dauerte die Gründung des (noch
235 provisorischen) Rechenzentrums noch länger, nämlich bis 1971, sechs
236 Jahre nach Gründung der UB. Allerdings hatte die KNUB seit 1967 eine
237 eigene Programmiergruppe.
239 In der Erwartung der absehbaren
240 Zukunft begann man damit die Daten maschinenlesbar zu erfassen:
241 \glqq{}So hatte [der
242 Bibliotheksdirektor] sich mit der Vorbereitung auf die
243 elektronische Datenverarbeitung zu begnügen, die darin bestand,
244 Bibliotheksdaten in maschinenelesbarer Form zu erfassen.\grqq{}%
245 \footnote{\textcite[S. 55]{ulub20a-edv}.}
246 Dieser Arbeitsschritt würde sich später auszahlen, davon war man
247 überzeugt. Die Hardware und Software, die mit den
248 machinenlesbaren Daten etwas anfangen konnte, betrat dann nach und
249 nach, in immer besser werdender Form, die Bildfläche.
253 \subsection{ Datenerfassung }
255 \glqq{}Die wichtigste Vorbereitung auf die elektronische
256 Datenverarbeitung ist die Erfassung in maschinenlesbarer Form.\grqq{}%
257 \footnote{\textcite[S. 117]{flexowriter}.}
258 Diesem Leitsatz folgend begann man in Ulm 1967, zum Zeitpunkt der
259 Universitätsgründung, mit der maschinenlesbaren Datenerfassung.
260 Wie allgemein üblich wurde zuerst mit den Monographien begonnen:
261 \glqq{}Zum Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung wurde mit
262 der Datenerfassung bei der Katalogisierung der \emph{Monographien}
263 begonnen.\grqq{}%
264 \footnote{\textcite[S. 55]{ulub20a-edv}.}
265 Zumindest aber die maschinenlesbare Erfassung der Zeitschriften folgte
266 fast zeitgleich:
267 \glqq{}Auch in der Zeitschriftenkatalogisierung wurde der Einsatz der
268 elektronischen Datenverarbeitung schon in der \glq{}Gründerzeit\grq{}
269 vorbereitet. Hierfür wurden Anfang 1967 in einem kleinen Raum
270 [\ldots{}] ein IBM-Kartenlocher aufgestellt.\grqq{}%
271 \footnote{\textcite[S. 61]{ulub20a-edv}.}
273 Die maschinenlesbare Datenerfassung bedeutete damals, dass die
274 Daten in Lochkarten oder Lochstreifen gelocht wurde.
275 Lochmedien sind ein mechanisch schreib- und lesbarer
276 binärer (und damit eindeutiger) Datenspeicher. Ihre einfache
277 Natur machte sie zu den ersten maschinenlesbaren Datenspeichern.
278 Der mechanische Lochvorgang erfordert wenig technische
279 Komplexität von den Kartenlochern bzw. den
280 Lochstreifenschreibmaschinen. Sie waren demnach verhältnismäßig
281 günstig zu erwerben und einfach zu bedienen. Dies erlaubte eine
282 unkomplizierte Einführung in den Bibliotheken.
284 Nach ein paar Monaten der Datenerfassung ohne Weiterverarbeitung
285 war in Ulm bis zum Sommer 1967 ein Verarbeitungsprogramm entwickelt
286 worden, das eine Kataloggenerierung erlaubte:
287 \glqq{}Datenträger ist ein Lochstreifen,
288 der in erster Linie als Eingabemedium für den Computer dient,
289 andererseits aber auch die Herstellung der Bibliothekskataloge auf
290 nicht-elektronischem, halbkonventionellem Weg gestattet: mittels
291 des \glq{}Flexowriter-Selectadata-Systems\grq{}.\grqq{}%
292 \footnote{\textcite[S. 117]{flexowriter}.}
294 Der im Zitat erwähnte Computer war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in
295 Sicht. Dies zeigt die damalige Zukunftsorientierung und die
296 Gewissheit, dass die Computer Einzug halten würden.
297 Dieser zweigleisige Ansatz, mit einerseits der direkten Verwendung
298 der Daten in nicht-elektronischen
299 Übergangssystemen und andererseits ihrer vorsorglichen
300 Erstellung für zukünftige Computeranwendungen, wird mehrfach
301 betont.%
302 \footnote{\textcite[S. 56]{ulub20a-edv}.}
303 \glqq{}Darüber hinaus entsteht als \glq{}Beiprodukt\grq{} der
304 Computer-Input-Streifen für die spätere Übernahme der Titel auf
305 Magnetband.\grqq{}%
306 \footnote{\textcite[S. 127]{flexowriter}.}
307 Dass diese Doppelnutzung ohne Zusatzaufwand möglich ist, ist
308 schon ein erster Erfolg der (noch gar nicht richtig
309 vorhandenen) EDV.
311 Es reicht allerdings nicht aus, die Daten, statt mit der
312 Schreibmaschine auf Katalogkarten, nun mit dem Locher
313 in Lochstreifen zu stanzen. Die reine Maschinen\emph{lesbarkeit}
314 ist notwendig aber nicht zureichend.
315 Es muss auch die Maschinen\emph{verarbeitbarkeit} gewährleistet sein:
316 \glqq{}Um die Kataloginformation später elektronisch verarbeiten zu
317 können, ist eine Strukturierung der Titelaufnahme notwendig.\grqq{}%
318 \footnote{\textcite[S. 118]{flexowriter}.}
319 Die Titelaufnahmen müssen in eindeutig gekennzeichnete
320 Bestandteile aufgeteilt werden. Datenerfassungsformulare wurden
321 entwickelt.%
322 \footnote{\textcite[S. 56]{ulub20a-edv}.}
325 Die Entwicklung der Datenerfassung folgt einem wiederkehrenden
326 Mus\-ter:
327 Zuerst die Daten strukturiert erfassen, sie danach
328 verarbeiten und die Kataloge erzeugen.%
329 \footnote{\textcite[S. 117--118]{flexowriter}.}
330 \glqq{}All diesen Verfahren ist gemeinsam, dass die Bibliotheken bisher
331 nur reine Datenerfassung betreiben. Die Verarbeitung erfolgt in
332 den Rechenzentren.\grqq{}%
333 \footnote{\textcite[S. 89]{dugall-kleincomputer}.}
334 Inwiefern die Daten anfangs, mangels Computer, gar nicht verarbeitet
335 werden konnten, oder
336 nicht-elektronische Zwischenlösungen eingeführt werden mussten
337 und wie lange diese bestanden, unterscheidet sich von Bibliothek zu
338 Bibliothek. Grundsätzlich lief es aber immer ähnlich ab.
342 \subsection{ Kataloggenerierung }
344 Die große Verbesserung, die die EDV-Systeme bei der Erzeugung von
345 Katalogen brachten,
346 war die Fähigkeit der selektiven und angepassten Ausgabe.
347 Ermöglicht wurde diese durch die strukturierte Dateneingabe:
348 \glqq{}Das Bauprinzip des Konstanzer Systems ist die Zerlegung der
349 Daten-, der Textketten -- in ihre Elemente, damit sie nur einmal
350 erfasst und eingespeichert, aber vielfältig miteinander
351 kombiniert werden können -- zur Ausgabe verschiedener Kataloge.
352 Das ist heute [1975] selbstverständlich.\grqq{}%
353 \footnote{\textcite[S. 88]{knub10a}.}
355 In Ulm kam ein Flexowriter-Selectadata-System, bestehend aus
356 einer Lochstreifenschreibmaschine mit Leser und Locher, plus einem
357 Zusatzleser, der die Lochstreifen nach bestimmten Codes
358 durchsuchen konnte, zum Einsatz.%
359 \footnote{\textcite[S. 56]{ulub20a-edv}.}
360 Mit ihm konnte man, mit nur einer Datenerfassung einen kompletten
361 Satz an Katalogkarten erzeugen:
362 \glqq{}Jede Karte eines Satzes
363 enthielt den gesamten Text der Titelaufnahme in schwarzer Schrift,
364 unterschied sich jedoch durch die Ordnungsinformationen (z.B.
365 Verfasser, Titel, Schlagworte), die in roter Schrift in den Kopf
366 der Karte gesetzt wurden. Es konnten, je nach der Kennzeichnung,
367 bei der Titelaufnahme beliebig viele solcher Kopfzeilen aus dem
368 Endlosstreifen selektiert werden.\grqq{}%
369 \footnote{\textcite[S. 57]{ulub20a-edv}.}
370 Statt der Vervielfältigung mit Matrizen und er manuellen
371 Eintragung der Ordnungssymbole entstand nun der gesamte Kartensatz
372 automatisch. Es war keine Nacharbeit nötig.
373 Zweifelsfrei stellte man fest:
374 \glqq{}Das beschriebene Verfahren der Katalogherstellung
375 ist, verglichen mit konventionellen Methoden der
376 Kartenvervielfältigung, bedeutend rationeller.\grqq{}%
377 \footnote{\textcite[S. 127]{flexowriter}.}
378 Gleichzeitig war offensichtlich:
379 \glqq{}Der elektronischen Ka\-ta\-log\-er\-zeu\-gung ist dieses
380 Verfahren selbstverständlich unterlegen, da es sehr viel
381 langsamer ist und ein manuelles Einsortieren der Karten
382 erfordert.\grqq{}%
383 \footnote{\textcite[S. 128]{flexowriter}.}
384 Die Langsamkeit rührte dabei weniger vom Prinzip des Verfahrens als
385 von seiner Umsetzung ohne Computer her.
386 Das Sortieren der Karten sollte die ULUB noch eine geraume Weile
387 beschäftigen.
388 Erst 1978, vier Jahre nach Umstellung auf des computergestützten
389 Verfahrens, wurden die Katalogkarten vollständig automatisch sortiert.%
390 \footnote{\textcite[S. 60]{ulub20a-edv}.}
392 Die Limitierungen des Flexowriter-Verfahrens waren insofern nicht
393 allzu begrenzend, da schon bei seiner Einführung die Ablösung
394 durch ein elek\-tro\-nisches Verfahren geplant war. Dafür waren alle
395 Weichen bereits gestellt:
396 \glqq{}Gleichzeitig [\ldots{}] entsteht im Locher der Maschine ein Streifen,
397 der für die Eingabe der Titeldaten in die
398 Datenverarbeitungsanlage bestimmt ist (computer input tape).\grqq{}%
399 \footnote{\textcite[S. 118]{flexowriter}.}
400 Das Flexowriter-System selbst war jedoch schon überzeugend
401 genug:
402 \glqq{}Der Vorteil [\ldots{}] durch das im Haus befindliche Gerät eine
403 \emph{täglich aktuellen} Zettelkatalog zur Verfügung zu haben,
404 ist für ein der naturwissenschaftlichen Forschung dienendes
405 Literaturzentrum von großer Bedeutung.\grqq{}%
406 \footnote{\textcite[S. 128]{flexowriter}.}
408 Im Gegensatz zur ULUB unterhielt die KNUB keine Zettelkataloge.
409 Stattdessen druckte sie gleich von Beginn an Bandkataloge, auf
410 Basis der elektronisch erfassten Katalogdaten.
411 In Konstanz schrieb man dazu:
412 \glqq{}Im Gegensatz zu den amerikanischen Universitätsbibliotheken,
413 die mit nur wenigen Ausnahmen ihre Zettelkataloge auch bei
414 Übergang auf die Datenverarbeitung fortführten, haben die
415 deutschen Bibliotheken die Ausgabe der Daten in Listenform
416 vorgezogen und Bandkataloge erstellt.\grqq{}%
417 \footnote{\textcite[S. 90]{knub10a}.}
418 (Das Revival der Bandkataloge.%
419 \footnote{\textcite[S. 217--218]{hacker}.})
420 Sowohl in Ulm als auch in Konstanz wurden die Kataloge maschinell
421 generiert, im einen Fall durch Zettel- im anderen Fall durch
422 Listendruck. Technologisch unterschieden sich die beiden Ansätze
423 unwesentlich. Es wäre problemlos möglich gewesen vom einen
424 zum anderen
425 Verfahren umzustellen. Dies war gerade eben ein Vorteil des
426 generierten Katalogs: Die Ausgabeform war flexibel und anpassbar
427 geworden.
428 So wurde in Ulm als Vorteil gesehen, dass
429 \glqq{}durch den
430 Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung die Möglichkeit
431 geschaffen wurde, das gesamte Katalogdatenmaterial nach
432 verschiedenen Gesichtspunkten, z.B. in Form von Bandkatalogen,
433 auszudrucken.\grqq{}%
434 \footnote{\textcite[S. 60--61]{ulub20a-edv}.}
437 In Konstanz wurden die Daten zu Beginn mit einem
438 Sta\-pel\-ver\-ar\-beitungs\-sys\-tem erfasst, das beim ortsansässigen,
439 externen Dienstleister Telefunken lief.
440 1974 zog es auf den Rechner des neuen
441 Universitätsrechenzentrums um.
444 In Ulm sah die Situation bei den Zeit\-schriften ähnlich aus.
445 Die Zeit\-schriften\-ka\-ta\-loge wurden zunächst von externen
446 Dienstleistern in Listenform erstellt. 1967 war das die
447 ortsansässige IBM. In den Jahren 1969 bis 1971 erzeugte das
448 Deutsche Rechenzentrum in
449 Darmstadt drei Gesamttitelkataloge. Zur Generierung
450 wurden dabei die Katalogdruckprogramme der ULUB zur Hilfe
451 genommen. Die Vorbereitungsarbeit dazu war sehr
452 aufwändig. Neben der machanischen Arbeit (Locher,
453 Sortierer) mussten 10\,000 Lochkarten nach Darmstadt
454 verschickt werden.%
455 \footnote{\textcite[S. 61]{ulub20a-edv}.}
456 In den Jahren 1970 bis 1974 druckte das Universitätsrechenzentrum
457 dann mit dem eigenen
458 Rechner Zeitschriftenstandortkataloge, weiterhin auf Basis
459 der Lochkarten.%
460 \footnote{\textcite[S. 62]{ulub20a-edv}.}
463 Zu der Zeit gab es noch keine Bibliotheksstandardsoftware.
464 Die EDV musste deshalb individuell und oft selbst entwickelt werden.
465 In Ulm hielt sich diese Situation bis in die 90er Jahre.
466 Erst dann wurde den Eigenentwicklungen die Zukunft versagt.
467 Die Softwareentwicklung verlagerte sich zu den IT-Firmen um
468 eine höhere Professionalität zu erreichen.%
469 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
470 Grundsätzlich erkannte man schon bald, dass ein großer Anteil
471 von Standardsoftware rationell ist. Es wurde demnach eine geringe
472 Eigenleistungsquote angestrebt.%
473 \footnote{\textcite[S. 71]{hastedt}.}
474 In Ulm wurde dafür schon immer eng mit dem Rechenzentrum kooperiert:
475 \glqq{}Abschließend ist zu bemerken, dass seit der
476 Funktionsfähigkeit des Rechenzentrums der Universität Ulm durch
477 konsequente Inanspruchnahme seiner Dienstleistungen die
478 Universitätsbibliothek das Monographien- und
479 Zeitschriftenkatalogisierungsprojekt mit minimalem Eigenaufwand
480 betrieben hat, insofern sie sich auf die reine Datenerfassung und
481 die Mitarbeit beim Systementwurf \emph{nur} in Form der Darlegung
482 der Wünsche beschränkt hat.\grqq{}%
483 \footnote{\textcite[S. 63]{ulub20a-edv}.}
486 Im Herbst 1974 galt es in Ulm, in kürzester Zeit, ein neues Verfahren
487 zu finden, da die
488 Herstellerfirma die Produktion der Flexowriter eingestellt hatte.
489 In Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum wurde demnach das
490 \emph{Beleglesersystem} entwickelt.
491 Das neue Verfahren sollte dem bisherigen möglichst ähneln um den
492 Umstellungsaufwand gering zu halten.
493 Ausgangspunkt war deshalb weiterhin das gleiche
494 Datenerfassungsformular.
495 Der Datenerfassungsschritt war demnach unverändert.
496 Statt Lochstreifen wurden nun jedoch Belegleserformulare
497 in OCR-A-Schrift (mit Steuerzeichen) erstellt.
498 (Es gab keine Längenbegrenzungen, da das System automatisch
499 Folgekarten erstellen konnte.)
500 Die Belegleserformulare (die perfekt lesbar sein mussten) wurden
501 von einem Rechner eingelesen, geprüft und auf Magnetband gespeichert.
502 Die Banddaten wurden dann im Rechenzentrum verarbeitet,
503 aufbereitet und sortiert. Der Ausdruck der Kartensätze erfolgte
504 wieder in der Datenerfassungsabteilung in der Bibliothek.
505 Eine programmgesteuerte Schneidemaschine brachte sie ins
506 Kartenformat.
507 Das Beleglesersystem erzeugte in \emph{einem} Arbeitsgang mit
508 \emph{einer} Titelaufnahme Karten für den alphabetischen, des
509 systematischen, den Schlagwort-, die Bereichs-, den
510 baden-württembergischen Zentralkatalog und einen
511 Dissertationssonderkatalog.%
512 \footnote{\textcite[S. 59--60]{ulub20a-edv}.}
513 Von da an wurde auch die wöchentlich erscheinende
514 Neuerwerbungsliste automatisch erstellt.
515 Zuvor wurden die Katalogkarten dafür noch von Hand kopiert.%
516 \footnote{\textcite[S. 60]{ulub20a-edv}.}
518 Wenn das System auch noch immer stapelverarbeitend war, so wurde
519 doch die selbst steuerbare Bedienung geschätzt:
520 \glqq{}Das Beleglesersystem arbeitet vor allem deshalb zur
521 Zufriedenheit der Universitätsbibliothek, weil durch sie der
522 zeitliche Aufwand der Katalogherstellung gesteuert wird: Die am
523 Vortag erstellen Belege werden am nächsten Morgen im
524 Rechenzentrum gelesen und die gelesenen Daten über Magnetband an
525 die Rechenanlage TR 440 übergeben, aufbereitet, sortiert und auf
526 den Drucker geschrieben. Da dieser Drucker in der
527 Universitätsbibliothek aufgestellt ist und über ein
528 Bildschirm-Dialogterminal gesteuert wird, kann die Bibliothek
529 selbst den Ausdruck der Titelkarten auslösen und überwachen.\grqq{}%
530 \footnote{\textcite[S. 60]{ulub20a-edv}.}
534 Trotzdem dass das Rechenzentrum seit 1968 in Betrieb war,
535 dauerte es bis 1975 bis die Zeitschriftenkatalogisierung
536 dorthin umgezogen war.
537 Die bis dahin abgelochten Karten wurden mit einem speziell
538 dafür geschriebenen Programm in die passende Form konvertiert.
539 \glqq{}Neue Zeitschriftentitelaufnahmen wurden (entsprechend der
540 Monographienkatalogisierung) mit
541 IBM-Ku\-gel\-kopf\-schreib\-ma\-schi\-nen in
542 OCR-A-Schrift auf Belegleserformulare übertragen, von einem
543 Klarschriftleser eingelesen und auf der Rechenanlage TR 440
544 weiterverarbeitet.\grqq{}%
545 \footnote{\textcite[S. 62]{ulub20a-edv}.}
546 1977 erschien das erste Zeitschriftengesamttitelverzeichnis mit
547 dem neuen System, nach ersten Probedrucken ein Jahr zuvor.
548 Danach wurden auch weitere Arten von Zeitschriftenkatalogen
549 gedruckt.%
550 \footnote{\textcite[S. 63]{ulub20a-edv}.}
554 Sowohl in Konstanz als auch in Ulm existierte die Bibliothek
555 vor dem Rechenzentrum.
556 In der Frühzeit übernahmen deshalb externe Firmen die
557 Datenverarbeitung, nur die Datenerfassung geschah in der
558 Bibliothek selbst. Als die Rechenzentren so weit waren, wurden die
559 Programme von den externen Anbietern zu den eigenen Rechenzentren
560 umgezogen. Zu dieser Zeit waren alle Systeme noch stapelverarbeitend.
561 Bereits 1965 erkannte man in der KNUB:
562 \glqq{}Ein Ka\-ta\-logisierungs\-sys\-tem sollte niemals --
563 wie das Konstanzer
564 Systeme -- nur im Stapelbetrieb eingesetzt werden können. Dies
565 zwingt zu einer komplizierten und zeitaufwendigen Buchführung der
566 Korrekturen (Veränderung und Ergänzungen) zwischen Eingabe und
567 endgültiger Ausgabe der korrekten Daten im Katalogdruck.\grqq{}%
568 \footnote{\textcite[S. 89]{knub10a}.}
571 Zusammenfassend konstatierte die ULUB im Jahr 1984 über ihr
572 Be\-leg\-le\-ser\-sys\-tem, das zehn Jahre zuvor in
573 Zusammenarbeit mit dem Rechenzentrum entwickelt worden war:
574 \glqq{}Die gesamte Katalogherstellung der
575 Universitätsbibliothek Ulm (Monographien und Zeitschriften) ist
576 unter Einsatz der EDV automatisiert.\grqq{}%
577 \footnote{\textcite[S. 73]{ulub20a-katalog}.}
578 Ein Jahr später wurde das lange genutzte Offline-System mit dem
579 Be\-leg\-leser-Zwischenschritt endgültig abgelöst.
580 An seine Stelle trat ein Online-System mit Dialogeingabemasken
581 auf Basis einer TR 440 und einfachen Terminals.%
582 \footnote{\textcite{ackermann-monos}.}
583 Mit dieser Umstellung wurde auf die zukünftige
584 Verbundkatalogisierung Bezug genommen.%
585 \footnote{\textcite[S. 63]{ulub20a-edv}.}
586 Weiterhin wurden jedoch Karten gedruckt.%
587 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
591 \subsection{ Datenübertragung }
593 Die noch unvernetzten EDV-Insellösungen benötigten eine Vielzahl
594 manueller Datenübertragungen:
595 Bei der Dateneingabe übertrug die Datentypistin die
596 Informationen vom handschriftlichen Datenerfassungsbögen auf
597 Lochstreifen oder Belegleserformulare und erweiterte sie um
598 die passenden Steuerzeichen.
599 Auf diesen Medien wurden die Daten dann zur Datenverarbeitung
600 gebracht.
601 Dort mussten sie wieder eingelesen werden, um weiterverarbeitet zu
602 werden.
603 Später wurden die Lochmedien und
604 Klartextformulare zumeist durch Magnetbänder ersetzt.
605 Schließlich wurden die Rechensysteme verkabelt.
606 Damit waren direkte Da\-ten\-aus\-tausch\-lei\-tung\-en gegeben und
607 der Aufwand und die Fehlerquellen
608 der manuellen Datenübertragung endgültig eliminiert.%
609 \footnote{\textcite[S. 89]{dugall-kleincomputer}.}%
610 $^{,}$%
611 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}%
613 Bis zur Verkabelung der Systeme wurden Offline- und
614 Stapelverarbeitungsverfahren eingesetzt.
615 Bei ihnen fließen die Daten nur in eine Richtung.
616 Zwischen der Datenerfassung und dem Vorliegen der
617 Datenverarbeitungsergebnissen lagen meist Stunden.
618 Die Verkabelung der Systeme ermöglichte erstmals
619 On\-line-Ver\-fahr\-en mit einem Dialogbetrieb.
620 Die Systeme kommunizierten elektronisch miteinander und das in
621 Sekunden- oder zumindest Minutenschnelle.
622 Interaktion, also der Datenfluss in beide Richtungen,
623 und sofortige Auswertungsergebnisse waren damit möglich.
625 Die Vorteile von Online-Systemen waren damals offensichtlich.
626 Es waren aber entsprechende Rechenanlagen nötig.
627 Sowohl in Ulm und Konstanz, als auch in
628 vielen anderen Universitätsrechenzentren vollzog sich dieser
629 Wechsel mit der Anschaffung einer Telefunken TR 440 in den
630 späten 70ern.
631 Statt per Locher wurden die Daten von da an am Terminal eingegeben.
632 Dies ermöglichte die sofortige Korrektur und Verarbeitung.
633 In Ulm existierte zwar schon in den 60er Jahren ein
634 Korrekturprogramm, mit diesem musste aber eine selektive um
635 Ergänzungen erweiterte Kopie des Lochstreifens erstellt werden.%
636 \footnote{\textcite[S. 57]{ulub20a-edv}.}
637 Ab dem Ende der 70er Jahre war dann auch eine Online-Korrektur möglich:
638 \glqq{}Korrekturen und sehr kurze Neuaufnahmen wurden über
639 Bildschirm und Online-Verfahren eingegeben.\grqq{}%
640 \footnote{\textcite[S. 62--63]{ulub20a-edv}.}
642 In Nordrhein-Westfalen fand 1976 in Dortmund ein Symposium zu
643 \glqq{}On-line library and network systems\grqq{} statt, mit Demonstrationen
644 der Online-Systeme des Ohio College Library Center, der Stanford
645 University, aber auch der Bielefelder und Dortmunder UBs.%
646 \footnote{\textcite[S. 9]{dortmund}.}
647 Ein Jahr später war es in Bielefeld Realität:
648 \glqq{}IBAS läuft seit 1977 in Bielefeld im Routinebetrieb und zwar
649 vornehmlich für die Katalogisierung, d.h. im On-line-Dialog wird
650 gleichzeitig an mehreren Terminals katalogisiert. Im Direktzugriff
651 zu einer Datenbank [\ldots{}] erfolgen Retrieval, Datenerfassung und
652 der gesamte Änderungsdienst.\grqq{}%
653 \footnote{\textcite[S. 11]{heim}.}
655 Die reinen Großrechnersysteme wurden schon bald durch
656 Kombinationen von Groß- und Kleinrechnern ersetzt. Die
657 Kleinrechner nahmen dabei eine Vorstufe ein, sowohl für die
658 Datenverarbeitung als auch für die Benutzerinteraktion.%
659 \footnote{\textcite[S. 15]{heim}.}%
660 $^{,}$%
661 \footnote{\textcite[S. 139]{brinkmann}.}
662 Das Verhältnis und die Abstufung der verschiedenen Rechnertypen
663 war je nach Bibliothek sehr unterschiedlich.
664 Es gab kein Standardkonzept.%
665 \footnote{\textcite[S. 132]{brinkmann}.}
666 Jedoch stellte man fest, dass Dialogsysteme, d.h. interaktive Systeme
667 mit direkten Feedback, ohne Kleincomputer nicht denkbar seien.%
668 \footnote{\textcite[S. 134]{brinkmann}.}
673 \subsection{ Verbund }
675 \glqq{}[I]m Bibliothekswesen kann Datenverarbeitung neben wirklich
676 deutlichen Verbesserungen der Dienstleistungen spürbare
677 Rationalisierungserfolge, insbesondere Personaleinsparungen, nur
678 im kooperativen Rahmen erreichen.\grqq{}%
679 \footnote{\textcite[S. 100]{knub10a}.}
680 Die Formalkatalogisierung war hierfür ein besonders geeigneter
681 Kandidat.
682 Bis in die 70er Jahre waren die Katalogisierungsrückstände in den
683 Bibliotheken ein zentrales Problem.%
684 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
685 Jedes Katalogisat, das man von einer anderen Bibliothek
686 übernehmen kann, spart direkt Arbeit:
687 \glqq{}Eine solche \emph{zentrale Katalogisierung von Titelaufnahmen}
688 ist eine wirkungsvolle Rationalisierungsmaßnahme.\grqq{}%
689 \footnote{\textcite[S. 199]{hacker}.}
690 Jochum sieht als
691 \glqq{}Vorteil der EDV die Kooperation mehrerer Bibliotheken
692 zwecks Erstellung gemeinsamer bibliographischer Datenbanken
693 [\ldots{}]\grqq{}%
694 \footnote{\textcite[S. 192]{jochum}.}
695 Ackermann bestätigt die Auswirkung, dass mit dem Aufkommen der
696 Verbundsysteme die Katalogisierungsrückstände der Vergangenheit
697 angehörten. Die EDV sei dafür eine Voraussetzung gewesen.
698 Der regionale, deutschlandweite und weltweite Datentausch wurde
699 als revolutionäre Errungenschaft angesehen.%
700 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
702 In Nordrhein-Westfalen bezeichnete man das Jahr 1976 als das Jahr der
703 Verbunddiskussion. Zwei Jahre später lagen umfangreiche
704 Erfahrungsberichte vor.%
705 \footnote{\textcite[S. 22]{helal}.}
706 In Regensburg konnten bereits 1970, mit der
707 Angliederung der UB Augsburg, Titeldaten abgerufen werden. Der
708 so entstandene Verbund wuchs in der 70er Jahren schnell.%
709 \footnote{\textcite[S. 82\,ff]{niewalda}.}
710 Das spiegelt auch diese Analyse aus dem Jahre 1978 wider:
711 \glqq{}Eine ganze Anzahl von Bibliotheken, z.B. Bremen, Dortmund,
712 Bielefeld und Konstanz besitzen maschinenlesbare Katalogdaten, die
713 eventuell als Fremdleistungen in Frage kämen. Datenbanken dagegen
714 gibt es nur bei der DB in Frankfurt, im Regensburger Verbund und
715 im HBZ.\grqq{}%
716 \footnote{\textcite[S. 23]{helal}.}
717 In Hessen arbeitet man 1979 \glqq{}seit zwei Jahren mit Unterstützung
718 durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft an dem
719 Verbundkatalogisierungsprojekt HEBIS-MON.\grqq{}%
720 \footnote{\textcite[S. 102]{dugall-hebis}.}
722 In Baden-Württemberg dagegen wird erst 1983 eine Verbundzentrale
723 gegründet. Und erst weitere drei Jahre später, 1986, werden
724 Monographien kooperativ katalogisiert.%
725 \footnote{\textcite[S. 3]{bsz10a}.}
726 Die ersten Planungen reichen aber bis in die Mitte der 70er Jahre
727 zurück.%
728 \footnote{\textcite[S. 101]{knub10a}.}
729 Die KNUB ist gleich zu Beginn mit dabei.
730 Nutzbare Fremddaten bot sie ohnehin schon lange an,
731 wie obiges Zitat zeigt.
732 Die ULUB nahm erst 1988 aktiv am SWB-Verbund teil.%
733 \footnote{\textcite{ackermann-monos}.}
734 Insofern nimmt die ULUB auch erst die 80er Jahre als das Jahrzehnt
735 der Monographienverbünde wahr.%
736 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
743 Für den Austausch von Daten war eine Standardisierung der
744 Regelwerke notwendig:
745 \glqq{}[\ldots{}] der 1961 in Paris abgehaltenen International Conference on
746 Cataloguing Principles, deren Ziel die Erarbeitung internationaler
747 Katalogstandards war, die den Austausch von Titeldrucken und
748 Magnetbändern mit bibliographischen Daten ermöglichen sollte.\grqq{}%
749 \footnote{\textcite[S. 191]{jochum}.}
750 Die Anregungen der Konferenz führten zur Entwicklung der RAK.
752 Die RAK basieren auf dem Prinzip der
753 \emph{mechanischen Wortfolge}, das für Computersysteme eine große
754 Vereinfachung darstellt.
755 War zu PI-Zeiten das Ordnen von Katalogkarten
756 noch eine intellektuelle Aufgabe der höheren Dienstes, so wurde es
757 in Zeiten von RAK und EDV zur automatisierbaren Nebensächlichkeit.
759 In Konstanz wurden die Kurz-RAK 1975 eingeführt.
760 Ab 1981 katalogisierte man dann nach den RAK-WB.
765 \subsection{ Suchinstrument }
767 Die herkömmlichen Kataloge (in Zettel- oder Bandform;
768 alphabetisch oder sachlich geordnet) bieten jeweils nur einen
769 einzigen Sucheinstieg. Um weitere Sucheinstiege anzubieten,
770 müssen weitere, andersartige Kataloge erzeugt werden.
771 Dank der EDV war die Erzeugung zwar kein Problem mehr, die Pflege
772 aber weiterhin.
774 Bandkataloge können nicht einfach ergänzt werden.%
775 \footnote{\textcite[S. 90]{knub10a}.}
776 Sie müssen komplett neu erzeugt werden. Dies wird schnell teuer
777 und wurde deshalb nur selten (meist jährlich) gemacht.
778 Um die Übergangszeiten abzudecken wurden Supplemente gedruckt
779 und Anschlusskarteien gepflegt. So auch in Konstanz.
780 Beim jährlichen Neudruck
781 stieß man bereits in den 70er Jahren an die Grenzen:
782 1975 umfasste der Alphabetische Monographienkatalog 92 Bände mit
783 je rund 300 Seiten. Die 35 Fachgebietskataloge umfassten weitere
784 90 Bände. Der Systematische Katalog umfasste rund 50 Bände. Dazu
785 kamen mehrere Exemplare des Alphabetischen Dissertationenkatalog
786 mit rund 10 Bänden und ein Zeitschriftenkatalog mit 3 Bänden.%
787 \footnote{\textcite[S. 11]{knub10a}.}
789 Im Konstanzer Fall war eine weitere Folge des
790 Bandkatalogs, dass er Ende 1974 beim Stuttgarter Zentralkatalog
791 noch immer in der Version von 1972 vorlag.%
792 \footnote{\textcite[S. 42]{knub10a}.}
793 Es stellt sich allerdings die Frage, warum man in Konstanz nicht
794 einfach Katalogkarten für den Zentralkatalog in Stuttgart
795 gedruckt hatte. Die EDV hätte diese
796 Flexibilität ja gerade ermöglicht.
798 Der Nachteil der Zettelkataloge ist ihr hoher Einsortieraufwand
799 und ihre Ortsgebundenheit.
801 Die Lösung dieser Probleme ist der OPAC.
802 Heute ist der OPAC
803 \glqq{}die mit Abstand verbreitetste Form des
804 Bibliothekskataloges. [\ldots{}] Alle früher im Bibliothekswesen
805 gebräuchlichen Katalogformen lassen sich in den OPAC
806 überführen. [\ldots{}] In den 80er Jahren begannen die OPACs nach und
807 nach die konventionellen Kataloge zu verdrängen [\ldots{}].\grqq{}%
808 \footnote{\textcite[S. 202]{hacker}.}
809 Der OPAC ermöglicht die Recherche im Bestand anhand beliebiger
810 Kriterien und Sortierungen. Ein einziger OPAC deckt damit
811 gleichzeitig alle bisherigen Kataloge ab.
812 \glqq{}Von der Datenorganisation her gesehen führt der nächste
813 Schritt zum on-line-Katalog, der dem Benutzer nach Eingabe eines
814 oder mehrerer kombinierter Index-Begriffe sofort die
815 dazugehörige(n) Haupteintragung(en) auf den Bildschirm bringt
816 [\ldots{}].\grqq{}%
817 \footnote{\textcite[S. 103]{knub10a}.}
818 1988 war das in Konstanz die Praxis:
819 \glqq{}Für den Benutzer ist der KOALA-Kurztitel-OPAC über
820 Bildschirmterminals zugänglich, von denen in den weitläufigen
821 Freihand-Buchbereichen zur Zeit 20 Geräte stehen.\grqq{}%
822 \footnote{\textcite[S. 5]{konstanz-edv}.}
824 An der ULUB dauerte es lange bis man zum eigenen OPAC kam:
825 \glqq{}Vor langer, langer Zeit, man schrieb das Jahr 1988, wünschte sich
826 die Bibliothek der Universität Ulm, ihre Leser und Leserinnen könnten nun
827 endlich, wie auch in anderen Bibliotheken des Landes, die Segnungen
828 der modernen Datenverarbeitung nutzen.
829 Widrige Umstände machten es damals unmöglich, sich auf eigene
830 Füße zu stellen.\grqq{}%
831 \footnote{\textcite[S. 24]{benz}.}
832 Hilfe wurde aus Konstanz zugesichert, doch die nötigen Datenleitungen
833 waren zu teuer. 1994 startete man den zweiten Versuch einer
834 gastweisen Verwendung des Kontanzer KOALA-OKs.
835 \glqq{}Im März 1995 wurde der erste Ulmer OPAC [\ldots{}] offiziell freigegeben.\grqq{}%
836 \footnote{\textcite[S. 24]{benz}.}
837 Er wurde als \glqq{}Not-OPAC\grqq{} bezeichnet.%
838 \footnote{\textcite{ackermann-monos}.}
842 %###################################################################
844 \section{Ausleihe}
847 Die steigenden Studentenzahlen der 60er Jahre
848 und die damit verbundene höhere
849 Bibliotheksnutzung sorgte fortan für eine deutlich größere Zahl an
850 Ausleihvorgängen.
851 Dadurch entstand ein Druck EDV-Systeme einzuführen,
852 um bei der Ausleihe skalieren zu können.%
853 \footnote{\textcite[S. 53]{knub10a}.}%
854 $^{,}$%
855 \footnote{\textcite[S. 93]{dugall-kleincomputer}.}
856 Gerade große, ausleihbare Freihandbestände seien nur Dank der
857 EDV mit verträglichem Aufwand realisierbar. Die EDV halte dabei den
858 Aufwand für Verlängerungen, Vormerkungen und Mahnungen niedrig.%
859 \footnote{\textcite[S. 54\,ff]{knub10a}.}
860 Man spricht vom \glqq{}Massenbetrieb der Ausleihe\grqq{}, der nur durch
861 die EDV ermöglicht wurde.%
862 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
863 Die Bibliotheken hatten kaum eine Wahl:
864 \glqq{}Diese Anforderungen wie vor allem der Zwang zur Rationalisierung
865 der nicht endenden Buchführung über ausgeliehene Bücher
866 veranlasste uns, die Ausleihe-Verbuchung zu automatisieren.\grqq{}%
867 \footnote{\textcite[S. 92]{knub10a}.}
871 Die rechnergestützte Ausleihverbuchung begann 1967 in Bochum.
872 Es wurden dabei jedoch die Ausleihvorgänge noch gesammelt verbucht.
873 Die Direktverbuchung wurde ab 1968 an der RWTH Aachen geplant.
874 1971 begannen auch die UBs Bielefeld und Münster dafür zu planen.
875 Es sollten jeweils Kleincomputer zum Einsatz kommen, in Aachen
876 in einem zweistufigen Modell, in Münster als autonome Clients.
877 1975 wurde in Bochum die Direktverbuchung umgesetzt.%
878 \footnote{\textcite[S. 132]{brinkmann}.}
879 In Berlin an der TU-Bibliothek war seit dem Ende der 60er Jahre
880 eine Offline-Verbuchung mit Lochstreifen im Einsatz. Der Großrechner
881 verarbeitete die Daten im Hintergrund.
882 An der FU-Bibliothek gab es seit 1973 in der Lehrbuchsammlung
883 eine Offline-Verbuchung
884 mit intelligenten Terminals und Magnetbändern.
885 1978 wurde beides als veraltet angesehen.
886 Seit 1973 arbeitete die FU-Bibliothek an einem Online-Verfahren.%
887 \footnote{\textcite[S. 106]{habermann}.}
888 Im HEBIS gab es seit 1971 ein Offline-Ausleihsystem.%
889 \footnote{\textcite[S. 92]{dugall-kleincomputer}.}
890 Es deckte aber (1978) nur die Normalfälle ab.
891 Oft mussten Fehlerlisten nachbearbeitet werden.
892 Dies führte auf Grund des Offline-Verfahrens zu
893 Zeitverzögerungen.%
894 \footnote{\textcite[S. 93]{dugall-kleincomputer}.}
897 In Konstanz wurden 1975 die Daten der Ausleihe an fünf Geräten erfasst.
898 Nachts wurden sie dann auf dem Großrechner verarbeitet.
899 Dabei wurden Ausleihlisten (Negativlisten) und Vormerklisten erzeugt.
900 Auch Mahnbriefe, Vormerk- und Verlängerungsbenachrichtigungen
901 wurden gedruckt und verschickt.
902 Die dezentralen Geräte waren reine Datenerfassungsstationen.
903 Die Verarbeitung besorgte der Großrechner.%
904 \footnote{\textcite[S. 11]{knub10a}.}%
905 $^{,}$%
906 \footnote{\textcite[S. 76]{knub10a}.}
907 1988 sah die Situation unverändert aus. Dann waren es allerdings
908 sechs Kleincomputer mit OCR-B-Lesern, die mit dem Hauptrechner
909 des KOALA-Systems verbunden waren.%
910 \footnote{\textcite[S. 9]{konstanz-edv}.}
912 Der Direktbetrieb war bei der Ausleihverbuchung von entscheidender
913 Bedeutung:
914 \glqq{}Sie ist auf stets aktuelle Daten angewiesen. [\ldots{}] Deshalb ist
915 die Stapelverarbeitung dieser Daten ein unzulängliches Verfahren,
916 wenn auch um vieles besser als die manuelle Datenführung.\grqq{}%
917 \footnote{\textcite[S. 92]{knub10a}.}
920 Im Gegensatz zur Katalogisierung ist die Ausleihe nur von lokalem
921 Belang. Während bei der Katalogisierung eine Kooperation auf
922 der Datenbasis angestrebt wird, macht sie bei der Ausleihe nur im
923 Hinblick auf die Software Sinn.
924 Das 1980 eingeführte Freiburger Ausleihsystem OLAF,
925 das im Bundesland von hoher Bedeutung war,
926 wurde weder in Konstanz noch in Ulm eingeführt.
930 \subsection{ Mediennummern }
932 Wo bei der Katalogisierung Lochmedien die bevorzugte
933 Form der maschinenlesbaren Datenspeicherung waren, so war dies bei
934 der Ausleihverbuchung die Klarschrift (OCR-Schrift).
935 Entscheidend für die Ausleihverbuchung ist die eindeutige
936 Kennzeichnung jedes Buchs. In der herkömmlichen Bibliothekswelt
937 bietet dies die Signatur.
938 Schnell machte sich jedoch die Erkenntnis breit, dass die verwendeten
939 Signaturen im Normalfall nicht EDV-gerecht waren. Dies lag zum einen
940 an der Komplexität der Signaturen, zum anderen an den Limitierungen
941 der damaligen Software.
942 So führte man ein Hilfskonstrukt ein:
943 die \emph{Verbuchungsnummer}, heute meist \emph{Mediennummer} genannt.
944 Bibliotheken betreiben seither den Zusatzaufwand die Zuordnung von
945 generischen Mediennummern und sprechenden Signaturen aufrecht zu
946 erhalten.%
947 \footnote{\textcite[S. 47]{knub10a}.}
949 Das Konzept der Mediennummern war eine Neuheit, die umfangreich
950 diskutiert wurde.%
951 \footnote{\textcite[S. 139\,ff]{brinkmann}.}
952 Man ging sogar soweit, zu fordern, ein Verbuchungssystem dürfe
953 \glqq{}nicht die Verwendung von Buchungsnummern mit Konkordanz zwingend
954 vorschreiben, sondern nur als Ausnahme von der Regel erlauben.
955 Konkordanz und Buchungsnummer sind wie ein Paar Krücken.\grqq{}%
956 \footnote{\textcite[S. 142]{brinkmann}.}
957 Die zukünftige Entwicklung bestätigt jedoch
958 die großen praktischen Vorteile des ungleichen Paars aus
959 Mediennummer und Signatur, im Verhältnis zum kleinen Nachteil der
960 Konkordanzpflege.
961 So setzte sich die Mediennummer letztlich flächendeckend durch.
963 Um die Mediennummer maschinenlesbar am Buch anzubringen entwickelten sich
964 zwei Ansätze: Die in eine Tasche am Umschlag eingesteckte Lochkarte
965 und das Klebeetikett. Aufgrund der festen Kopplung an das Buch
966 gab man den Etiketten langfristig den Vorzug.
967 Sie erforderten allerdings technisch anspruchsvollerere Lesegeräte.
968 In Konstanz setzte man 1975 noch auf eingelegte Lochkarten.
969 \glqq{}Sie haben sich in der Praxis gut bewährt [\ldots{}]\grqq{}%
970 \footnote{\textcite[S. 93]{knub10a}.}
971 1988 verwendet man auch dort OCR-B-Etiketten.%
972 \footnote{\textcite[S. 4]{konstanz-edv}.}
974 Auf den Etiketten wurde Klartext (OCR-Schrift) als zukunftssicherer
975 angesehen, Barcodes aber als die einfacher zu lesende Schrift.%
976 \footnote{\textcite[S. 151]{brinkmann}.}
977 Ein Vorteil der OCR-Schrift war, dass sie mit normalen
978 Schreibmaschinen selbst auf Etiketten gedruckt werden konnte.
979 Strichcodeetiketten individuell zu bedrucken erforderte spezielle
980 Hardware.
981 Bei der Klarschrift wurde sowohl die OCR-A-Variante (von 1968;
982 ANSI-Standard) als auch die OCR-B-Variante
983 (von 1968; seit 1973 ISO-Standard) verwendet.
984 Relevante Unterschiede scheint es nicht gegeben zu haben.
986 Neben den maschinenlesbaren Buchdatenträgern (Lochkarten oder
987 Etiketten) wurden auch die Benutzerausweise (Personendatenträger)
988 maschinenlesbar gemacht.%
989 \footnote{\textcite[S. 76]{knub10a}.}
994 \subsection{ Statistiken }
997 \glqq{}Die Automatisierung der Ausleihe-Verbuchung erlaubt den Aufbau
998 detaillierter Statistiken, die manuell in gleicher Weise nicht hätten
999 geführt werden können.\grqq{}%
1000 \footnote{\textcite[S. 93]{knub10a}.}
1001 Sie ermöglichten erstmals die effiziente Überprüfung der
1002 bibliothekarischen Erwerbungsentscheidungen.
1003 Durch die bessere Rückmeldung konnte fortan die Erwerbung besser an die
1004 tatsächlichen Nachfrage angepasst werden.
1005 Die Statistiken wurden zu einer wertvollen Unterstützung der
1006 Rationalisierungstendenzen dieser Zeit.
1008 In Konstanz wurden monatliche Zuwachs- und Ausgabenstatistiken
1009 nach Fächern erzeugt. Einmal im Jahr wurde
1010 eine 1\,000 Blatt umfassende Jahresstatistik erzeugt.%
1011 \footnote{\textcite[S. 76]{knub10a}.}
1012 Bis 1988 waren die verfügbaren Statistikauswertungen deutlich
1013 flexibler und umfangreicher geworden.%
1014 \footnote{\textcite[S. 13]{konstanz-edv}.}
1021 %###################################################################
1023 \section{Integration}
1026 Nachdem die Katalogisierung und Ausleihverbuchung jeweils separat
1027 per EDV unterstützt worden waren, kam als nächstes die Verbindung der
1028 beiden Systeme an die Reihe. Mit der Verknüpfung dieser Komponenten
1029 zu einem Gesamtsystem entstanden die integrierten
1030 Bibliothekssysteme.
1031 Die Verbindung von Katalogisierung und Ausleihe äußert sich
1032 am besten im OPAC, der sowohl
1033 die Darstellung des Bestandes besorgt als auch den
1034 Verfügbarkeitsstatus anzeigt und Vormerkmöglichkeiten anbietet.
1035 Auch in der Erwerbung konnte man die Katalogisierungdaten gut
1036 nutzen.
1037 Diese führte bis dahin noch eine separate Bestellkartei.
1038 So wurde auch die Erwerbung integriert.
1040 Die Vorteile der Vernetzung der einzelnen Systeme, die dann
1041 \emph{Module} genannt wurden, wurden immer deutlicher.
1042 Es entstand ein allgemeines Streben in Richtung integrierter
1043 Bibliothekssysteme.
1044 Das HBZ hatte schon Ende der 70er Jahre ein integriertes
1045 Bibliothekssystem im Offline-Verfahren.%
1046 \footnote{\textcite[S. 22]{helal}.}
1047 Dies war eine Frühform. Heute versteht man unter integrierten
1048 Bibliotheksystemen solche, die auf Online-Verfahren basieren.
1051 In Baden-Württemberg wurde 1991 OLIX entwickelt.
1052 \glqq{}Es ist ein integriertes EDV-System für wissenschaftliche
1053 Bibliotheken. Z.Zt. [1995] besteht OLIX aus einer Katalog- (OPAC)
1054 und einer Ausleihkomponente; weitere Module wie Monographien- und
1055 Zeitschriftenerwerbung sind in Vorbereitung.\grqq{}%
1056 \footnote{\textcite[Bl. 3]{olix}.}
1057 Das Ziel ist klar: \glqq{}OLIX wird als Landessystem an allen
1058 wissenschaftlichen Bibliotheken in Baden-Württemberg installiert
1059 werden.\grqq{}%
1060 \footnote{\textcite[Bl. 3]{olix}.}
1061 Ulm war bei OLIX nicht dabei.
1062 Erst 1997, mit dem zweiten Landessystem, HORIZON,
1063 bekam auch Ulm ein integriertes Lokalsystem.
1064 In der Folge wurden die Kartenkataloge endgültig abgebrochen.%
1065 \footnote{\textcite{ackermann-monos}.}
1067 Auch Konstanz führte kein OLIX ein.
1068 1988, und in den Jahren danach, wurde dort
1069 \glqq{}mit zwei Systemen gearbeitet [\ldots{}] Die Erwerbung und die
1070 Katalogisierung geschehen im Rahmen des Südwestdeutschen
1071 Bibliotheksverbundes (SWB). Die Daten des Verbundes, welche die UB
1072 Konstanz betreffen, werden zweimal wöchentlich ins lokale System
1073 KOALA übernommen [\ldots{}]. In KOALA -- die Abkürzung steht für
1074 \glq{}Konstanzer Ausleih- und Anfragesystem\grq{} -- sind die Anwendungen
1075 Ausleihverbuchung, OPAC und Sacherschließung [\ldots{}] integriert.\grqq{}%
1076 \footnote{\textcite[S. 2]{konstanz-edv}.}
1077 Der Erfolg war eine
1078 \glqq{}Optimierung der Dienstleistungen wie der
1079 Buchbearbeitung durch eine integrierte ADV-Verarbeitung [\ldots{}].\grqq{}%
1080 \footnote{\textcite[S. 96]{knub10a}.}
1090 %###################################################################
1092 \section{Schluss}
1095 Der Einzug der EDV in das wissenschaftliche Bibliothekswesen wurde
1096 von den Bibliothekaren mit gemischten Gefühlen aufgenommen.
1098 Kritik kommt vor allem von den älteren Mitarbeitern, die die
1099 Veränderung ablehnten.
1100 Diese Kritik beinhaltete die hohen Kosten%
1101 \footnote{\textcite[S. 66]{helal-easy}},
1102 die sich zum Nachteil des Bestandsaufbaus auswirken würden.
1103 Man fürchtete aber auch den Verlust der \glqq{}Geistigkeit\grqq{}
1104 der Bibliothek beim Einsatz von Maschinen.%
1105 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
1106 Der erste Direktor der ULUB schrieb 1984:
1107 \glqq{}Die Aussichten für den Bibiothekarsberuf wurden im Grund
1108 pessimistisch beurteilt, es sei denn, die Bibliothekare finden
1109 rechtzeitig eine berufliche Bedarfsnische. An all dem ist der
1110 Computer schuld, der unser Berufsleben so grundlegend zu ändern
1111 beginnt. Für viele ist er immer noch ein schreckliches und
1112 geisttötendes Gerät [\ldots{}]\grqq{}.%
1113 \footnote{\textcite[S. 84]{ulub20a-info}.}
1114 Kein Wunder, dass die Mitarbeiter um ihre Arbeitsplätze fürchteten.
1115 Es gab Rückzugsgefechte.
1116 Die Träger dagegen erhofften sich von der EDV Geld einzusparen.%
1117 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
1118 Die \emph{Rationalität der Arbeitsabläufe} war der Trendbegriff der
1119 damaligen Zeit.
1120 Wo heute \glqq{}nachhaltig\grqq{} angeführt wird, stand damals
1121 \glqq{}rationell\grqq{}.
1124 Doch es hatte keinen Sinn sich gegen die EDV zu sträuben:
1125 \glqq{}Der Computer ist ein immer vollkommener werdender
1126 Informationsbeschaffer, -verarbeiter und -ausleger, mit dem wir
1127 uns befreunden müssen. Als Vermittler elektronisch gespeicherter
1128 Information ist er bereits unentbehrlich, ebenso als Werkzeug des
1129 Bibliothekars zur Bewältigung der immer noch ansteigenden
1130 Literaturflut. In eins mit dieser Entwicklung werden sich Aufgaben
1131 und Funktionen des Bibliothekars grundlegend verändern
1132 müssen.\grqq{}%
1133 \footnote{\textcite[S. 84]{ulub20a-info}.}
1134 Auch in der damaligen Zeit konnten sich die Kritiker
1135 dessen nicht langfristig verschließen.
1136 Es war letztlich jedem klar, dass man sich dieser Entwicklung
1137 nicht entziehen könne.%
1138 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
1139 Die neugegründeten Bibliotheken profitierten dabei von ihrem
1140 großteils jungen Personal, das wenig Berührungsängste mit der
1141 modernen Technik hatte.
1142 Auch deshalb fiel dort der Wandel besonders einfach.%
1143 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
1145 Die EDV-Umsetzung verlief letztlich langsamer als erwartet.
1146 Schuld daran seien auch die Finanzkrisen, Mitte der 70er Jahre,
1147 gewesen.%
1148 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
1149 Die KNUB sah sich, nachdem sie 1965 bei Null begonnen
1150 hat, auch 1975 noch immer am Anfang.%
1151 \footnote{\textcite[S. 77]{knub10a}.}
1152 Man fragte sich: \glqq{}Wusste ein Bibliothekdirektor, der 1965 mit der
1153 Einführung der Automatisierten Datenverarbeitung in seiner
1154 Bibliothek begann, was er tat? Konnte er es wissen? Die Frage kann
1155 nur mit \emph{Nein} beantwortet werden.\grqq{}%
1156 \footnote{\textcite[S. 77]{knub10a}.}
1157 Ein Problem war sicher der Innovationsdruck, der damals auf den
1158 Neugründungen lastete.%
1159 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
1162 Unbestreitbar brachte die EDV wunderbare neue Möglichkeiten mit sich.
1163 In Ulm erkannte man, dass Computer mehr leisten konnten
1164 als nur stupide Anweisungen auszuführen:
1165 \glqq{}Das Prinzip, gleichartige Informationen in einer einzigen
1166 Kategorie zusammenzufassen, entspringt dem Bestreben, einen
1167 möglichst großen Anteil der Analyse der Daten der Maschine zu
1168 übertragen und den Menschen nicht mehr als notwendig mit der
1169 Aufbereitung der Daten zu belasten.\grqq{}%
1170 \footnote{\textcite[S. 118]{flexowriter}.}
1171 Und
1172 \glqq{}[d]ie besonderen Möglichkeiten, die ein COM-Ausdruck bietet, erlauben
1173 eine Optimierung des optischen Erscheinungsbildes, wie sie für
1174 einen Zettelkatalog nicht machtbar ist.\grqq{}%
1175 \footnote{\textcite[S. 73]{ulub20a-katalog}.}
1176 Gleichzeitig war eine Verbindung der neuen Methoden mit den
1177 herkömmlichen Praktiken möglich:
1178 \glqq{}Der wohl bedeutendste Vorteil des neuen Systems ist darin zu
1179 sehen, dass die bestehenden Zettelkataloge in der bisher gewohnten
1180 Form weitergeführt werden können [\ldots{}]\grqq{}%
1181 \footnote{\textcite[S. 60--61]{ulub20a-edv}.}
1182 \glqq{}Das Ulmer Schema der Datenerfassung bringt einen weiteren
1183 Vorteil mit sich. Das sogenannte Protokoll, das bei der Ablochung
1184 einer Titelaufnahme entsteht, ist auf diese Weise keine
1185 unübersichtliche, in die Länge gezogene Kategorienliste, sondern
1186 unterscheidet sich praktisch nicht von den vor der Einführung der
1187 Datenverarbeitung in den Bibliotheken Katalogkarten [\ldots{}]. Nur
1188 dadurch ist es möglich, den beim Schreiben des Protokolls
1189 entstandenen Lochstreifen direkt zum Erzeugen eines
1190 Katalogkartensatzes zu verwenden, ohne vorherige Formatierung
1191 durch die Elektronik.\grqq{}%
1192 \footnote{\textcite[S. 119]{flexowriter}.}
1193 Nichts desto trotz:
1194 \glqq{}Dieses Verfahren der Katalogherstellung war, verglichen mit
1195 konventionellen Methoden der Kartenvervielfältigung, bedeutend
1196 rationeller.\grqq{}%
1197 \footnote{\textcite[S. 57]{ulub20a-edv}.}
1200 Rückblickend brachte die EDV eine bedeutende
1201 Verbesserung der Servicequalität.
1202 Nach überwundener Einführungszeit erhöhte sich
1203 sowohl die Qualität der bibliothekarischen Arbeit selbst,
1204 als auch die Qualität der Kataloge und des Ausleihwesens.
1205 Im gleichen Zuge stiegen aber auch die Erwartungen.%
1206 \footnote{\textcite{ackermann-interview}.}
1213 \clearpage
1214 \printbibliography
1216 \end{document}