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hgignore: minor cleanups
author markus schnalke <meillo@marmaro.de>
date Mon, 20 Oct 2014 07:20:18 +0200
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1 .U2 "OA
2 .P
3 Ein grosser Unterschied zwischen Open Access und den anderen
4 Konzepten ist die Menge und Vielfalt seiner Beteiligten. Waehrend
5 sich die anderen Konzepte um kleine Gruppen von aehnlich
6 Denkenden herum aufbauen, ist der Open Access eine Bewegung, an der sehr
7 viele Personen, Institutionen und Unternehmen mit ihrern
8 eigenen, unterschiedlichen Interessen mitformen, ohne dass es eine
9 klare Fuehrung gaebe.
10 Wohingegen die anderen Konzepte anerkannte
11 Definitionen vorweisen koennen, gelingt dies dem Open Access
12 nicht.
13 .P
14 Das hat Gruende:
15 Zu stark ist die systemimmanente
16 Heterogenitaet der Wissenschaft. Zu schwer faellt es den
17 Wissenschaftlern sich zu organisieren, zumindest sich schlagkraeftig
18 und konsequenzbereit zu organisieren.
19 Zu stark sind die Traditionen
20 des Publizierens. Zu sehr sind die Wissenschaftler vom Mitspielen
21 im System abhaengig.
22 Zu stark ist aber auch die Einflussposition der Unternehmen.
23 .P
24 So herrscht bei den Wissenschaftlern zumeist ein Pragmatismus vor,
25 der lediglich den Ertraeglichkeitslevel akzeptabel halten will. Der
26 idealistische Wunsch der grundlegenden Verbesserung geht oft neben den
27 pragmatischen Anforderungen unter.
28 Auch bei der Open Source gibt es solche Tendenzen; dort sind sie
29 jedoch deutlich schwaecher ausgepraegt. Als Microsoft mit seinem
30 .I "Shared Source" -Konzept
31 auf den Open Source-Zug aufspringen wollte, wurde das als reine
32 Nutzniesserei, ohne erkennbare Unterstuetzung des Kerngedankens des
33 Open Source, verurteilt.
34 .[
35 perens stand together
36 .]
37 Folglich wendete sich die Gemeinschaft ab.
38 Diese Abgenzung von reinen Trittbrettfahrern, die die Integritaet
39 der Bewegung verwaessern wuerden, fehlt dem Open
40 Access bislang. Der Begriff ``Open Access'' wird fast wahllos
41 verwendet. Die wissenschaftliche
42 Gemeinschaft (Welche Gemeinschaft denn?) hat noch keine Form
43 der Abgrenzung und Reinhaltung ihres Konzeptes gefunden. Wie
44 sollte sie auch, wo sie sich selbst noch nicht klar ist welche
45 Werte und Forderungen sie denn vertritt. So sind es nun vielmehr
46 die Unternehmen, die die Praxis des Open Access praegen und
47 ausgestalten. Nach anfaenglichen Startschuessen haben die
48 Wissenschaftler heute die Kontrolle grossteils wieder aus der Hand
49 gegeben.
50 .P
51 Kritisch zu sehen ist dabei sicher die Folge der fortwaehrenden
52 Abhaengigkeit von der Verwertungsindustrie. Diese favorisiert
53 logischerweise den Goldenen Weg. Die verwerterunabhaengige
54 Zugaenglichmachung, auf dem Gruenem Weg, geht als
55 \fIZweit\fPveroeffentlichung in das Verstaendnis der
56 Wissenschaftler ein. Wie anders waere die Situation, wuerden die
57 Wissenschaftler die freien Repositorien als natuerlichen ersten
58 Veroeffentlichungsort waehlen und anschliessend in einem Verlag
59 zweitveroeffentlichen. Zu abwegig scheint dieser Ansatz nicht zu
60 sein, denn beispielsweise mit dem Preprint-Server ArXiv ist die
61 Praxis in der Physik gar nicht so weit davon entfernt.
62 .P
63 Bei der Freien Software und den Free Cultural Works ist diese
64 Denkweise der Normalfall: Als erstes dem Volk, dann den
65 Verwertern. Entscheidend dabei ist, dass dort nichts gegen eine
66 kommerzielle Verwertung spricht, nur darf dieses Bestreben die
67 Rechte der Allgemeinheit nicht beschraenken. Beim Open Access
68 dagegen gehen die Tendenzen oftmals in Richtung
69 Non-Commercial-Einschraenkung. Das wird zum einen daran liegen,
70 dass sich die Verwerter dieses Marktfeld exklusiv reservieren
71 wollen und andererseits manche Wissenschaftler dadurch die
72 Unternehmen von der Verwertung ihrer Werke ausschliessen wollen.
73 Die Freie Software verwendet dazu lieber das Copyleft-Prinzip, das
74 die kommerzielle Nutzung sehr wohl zulaesst, aber sicherstellt,
75 dass jeder die gleichen Moeglichkeiten der kommerziellen
76 Nutzung hat.
77 .P
78 Mit Bezug auf den Open Source kann man sachlich argumentieren,
79 dass die Offenlegung aller Forschungsdaten und der daraus
80 entstehenden Publikationen zu besseren Ergebnissen fuehren kann.
81 Das sogar auf mehrerlei Weise: Man bietet so anderen
82 Forschern und sonstigen Interessierten die Moeglichkeit Fehler zu
83 finden und weitere Erkenntnisse zu entdecken, auch werden aufbauende
84 und zusammenfuehrende Arbeiten gefoerdert, und nicht zuletzt
85 werden die Wissenschaftler, durch die Gewissheit nachpruefbar zu
86 sein, sorgfaeltiger arbeiten. Diese Verbesserungen der
87 wissenschaftlichen Qualitaet muessen nicht eintreten, wenn sie
88 auch wahrscheinlich sind. Nachteile durch die Offenlegung sind nur
89 zu befuerchten, wenn die wissenschaftliche Ethik und
90 Selbstorganisation versagen.
91 Das bisherige Zoegern der Wissenschaft mag von einem fehlenden
92 Selbstbewusstsein oder von zu starkem Herdentrieb stammen.
93 .P
94 Die Freie Software, der Open Source, und nicht zu letzt die Free
95 Cultural Works zeigen eine Form der Selbstbestimmung der Urheber,
96 die der Open Access nicht erkennen laesst.
97 Der Grund mag darin liegen, dass dort eine groessere Bindung
98 zum eigenen Werk vorliegt als es bei den Wissenschaftler der Fall
99 zu sein scheint.
100 Die Angst, dass einem das eigene Werk ``verliert'', wenn man
101 Verwertern exklusive Nutzungsrechte einraeumt, die unter denjenigen
102 vorhanden ist, die ihrer Arbeit aus einer starken persoenlichen
103 Begeisterung heraus leisten, scheint bei vielen Wissenschaftlern
104 weniger stark ausgepraegt zu sein.
105 .P
106 Diese andere Konzepte zeigen Moeglichkeiten,
107 wie sich ihre Ziele und Wuensche vertreten lassen, so dass
108 nebenrangige Beteiligte weiterhin bestehen und wertschoepfend sein
109 koennen, aber die zentralen Interessen nicht gefaehrdet werden.
110 Notwendig dafuer ist ein schlagkraeftiger und
111 akzeptierter Kern an Worfuehrern und eine sich einige, breite
112 Basis an Anhaengern. Diese muessen klare Definitionen und
113 Ausrichtungen vorgeben und das Konzept rein halten.
114 .P
115 An sich ist die Wissenschaft mit den Open Access auf einem ganz
116 guten Weg. Die vorhandenen Definitionen sind eine brauchbare
117 Ausgangsbasis, die bereits Konsolidierungstendenzen aufweist. Auch ein
118 Bewusstsein fuer die Situation und ihre Hintergruende wird
119 zunehmend geschaffen, gerade auch von den Bibliotheken.
120 Entscheidend ist aber, dass das Bemuehen jetzt, wo die Verwerter
121 einzuschwenken beginnen, nicht nachlaesst. Noch ist nichts
122 grundlegend geaendert. Auch ist die Situation laengst nicht gut,
123 nur nicht mehr untragbar. Jetzt ist vielmehr der Zeitpunkt richtig
124 aktiv zu werden. Jetzt muss die Wissenschaft ihr
125 Selbstverstaendnis bestaetigen. Jetzt muss sie ihre Definition
126 von Open Access vereinheitlichen und klarer machen. Jetzt muss
127 die wissenschaftliche Gemeinschaft an ihrer Selbstkontrolle arbeiten.
128 Open Access-Publikationen muessen geschaetzt werden. Der
129 Gemeinschaft vorenthaltene oder nur erschwert zugaengliche
130 Publikationen muessen benachteilt werden. Verfuegbare
131 Forschungsdaten muessen geschaetzt werden. Ihr Fehlen kritisiert
132 werden. Was in der Berlin Declaration schon vor einem Jahrzehnt
133 gefordert worden ist, muss die Praxis werden.
134 Die blinde Lobhudelei auf Basis von naiven Kennzahlen muss aufhoeren!
135 Dabei reicht es aber nicht, nur zu ``bestaerken'' und dass Open
136 Access-Veroeffentlichungen ``anerkannt werden''.
137 Nein, die Wissenschaft muss Open Access spuerbar belohnen.
138 Diese Umsetzung steht der Wissenschaft frei.
139 Sie muss sich nur selbst organisieren.
140 Und dann selbst vorleben, wie Richard Stallman.
141 Dann wird sich etwas aendern.