docs/bib-ref2
diff stuff/oa-rage @ 57:eb0815f21f04
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author | markus schnalke <meillo@marmaro.de> |
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date | Mon, 20 Oct 2014 07:09:57 +0200 |
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1.1 --- /dev/null Thu Jan 01 00:00:00 1970 +0000 1.2 +++ b/stuff/oa-rage Mon Oct 20 07:09:57 2014 +0200 1.3 @@ -0,0 +1,142 @@ 1.4 +.U2 "OA 1.5 +.P 1.6 +Ein grosser Unterschied zwischen Open Access und den anderen 1.7 +Konzepten ist die Menge und Vielfalt seiner Beteiligten. Waehrend 1.8 +sich die anderen Konzepte um kleine Gruppen von aehnlich 1.9 +Denkenden herum aufbauen, ist der Open Access eine Bewegung, an der sehr 1.10 +viele Personen, Institutionen und Unternehmen mit ihrern 1.11 +eigenen, unterschiedlichen Interessen mitformen, ohne dass es eine 1.12 +klare Fuehrung gaebe. 1.13 +Wohingegen die anderen Konzepte anerkannte 1.14 +Definitionen vorweisen koennen, gelingt dies dem Open Access 1.15 +nicht. 1.16 +.P 1.17 +Das hat Gruende: 1.18 +Zu stark ist die systemimmanente 1.19 +Heterogenitaet der Wissenschaft. Zu schwer faellt es den 1.20 +Wissenschaftlern sich zu organisieren, zumindest sich schlagkraeftig 1.21 +und konsequenzbereit zu organisieren. 1.22 +Zu stark sind die Traditionen 1.23 +des Publizierens. Zu sehr sind die Wissenschaftler vom Mitspielen 1.24 +im System abhaengig. 1.25 +Zu stark ist aber auch die Einflussposition der Unternehmen. 1.26 +.P 1.27 +So herrscht bei den Wissenschaftlern zumeist ein Pragmatismus vor, 1.28 +der lediglich den Ertraeglichkeitslevel akzeptabel halten will. Der 1.29 +idealistische Wunsch der grundlegenden Verbesserung geht oft neben den 1.30 +pragmatischen Anforderungen unter. 1.31 +Auch bei der Open Source gibt es solche Tendenzen; dort sind sie 1.32 +jedoch deutlich schwaecher ausgepraegt. Als Microsoft mit seinem 1.33 +.I "Shared Source" -Konzept 1.34 +auf den Open Source-Zug aufspringen wollte, wurde das als reine 1.35 +Nutzniesserei, ohne erkennbare Unterstuetzung des Kerngedankens des 1.36 +Open Source, verurteilt. 1.37 +.[ 1.38 +perens stand together 1.39 +.] 1.40 +Folglich wendete sich die Gemeinschaft ab. 1.41 +Diese Abgenzung von reinen Trittbrettfahrern, die die Integritaet 1.42 +der Bewegung verwaessern wuerden, fehlt dem Open 1.43 +Access bislang. Der Begriff ``Open Access'' wird fast wahllos 1.44 +verwendet. Die wissenschaftliche 1.45 +Gemeinschaft (Welche Gemeinschaft denn?) hat noch keine Form 1.46 +der Abgrenzung und Reinhaltung ihres Konzeptes gefunden. Wie 1.47 +sollte sie auch, wo sie sich selbst noch nicht klar ist welche 1.48 +Werte und Forderungen sie denn vertritt. So sind es nun vielmehr 1.49 +die Unternehmen, die die Praxis des Open Access praegen und 1.50 +ausgestalten. Nach anfaenglichen Startschuessen haben die 1.51 +Wissenschaftler heute die Kontrolle grossteils wieder aus der Hand 1.52 +gegeben. 1.53 +.P 1.54 +Kritisch zu sehen ist dabei sicher die Folge der fortwaehrenden 1.55 +Abhaengigkeit von der Verwertungsindustrie. Diese favorisiert 1.56 +logischerweise den Goldenen Weg. Die verwerterunabhaengige 1.57 +Zugaenglichmachung, auf dem Gruenem Weg, geht als 1.58 +\fIZweit\fPveroeffentlichung in das Verstaendnis der 1.59 +Wissenschaftler ein. Wie anders waere die Situation, wuerden die 1.60 +Wissenschaftler die freien Repositorien als natuerlichen ersten 1.61 +Veroeffentlichungsort waehlen und anschliessend in einem Verlag 1.62 +zweitveroeffentlichen. Zu abwegig scheint dieser Ansatz nicht zu 1.63 +sein, denn beispielsweise mit dem Preprint-Server ArXiv ist die 1.64 +Praxis in der Physik gar nicht so weit davon entfernt. 1.65 +.P 1.66 +Bei der Freien Software und den Free Cultural Works ist diese 1.67 +Denkweise der Normalfall: Als erstes dem Volk, dann den 1.68 +Verwertern. Entscheidend dabei ist, dass dort nichts gegen eine 1.69 +kommerzielle Verwertung spricht, nur darf dieses Bestreben die 1.70 +Rechte der Allgemeinheit nicht beschraenken. Beim Open Access 1.71 +dagegen gehen die Tendenzen oftmals in Richtung 1.72 +Non-Commercial-Einschraenkung. Das wird zum einen daran liegen, 1.73 +dass sich die Verwerter dieses Marktfeld exklusiv reservieren 1.74 +wollen und andererseits manche Wissenschaftler dadurch die 1.75 +Unternehmen von der Verwertung ihrer Werke ausschliessen wollen. 1.76 +Die Freie Software verwendet dazu lieber das Copyleft-Prinzip, das 1.77 +die kommerzielle Nutzung sehr wohl zulaesst, aber sicherstellt, 1.78 +dass jeder die gleichen Moeglichkeiten der kommerziellen 1.79 +Nutzung hat. 1.80 +.P 1.81 +Mit Bezug auf den Open Source kann man sachlich argumentieren, 1.82 +dass die Offenlegung aller Forschungsdaten und der daraus 1.83 +entstehenden Publikationen zu besseren Ergebnissen fuehren kann. 1.84 +Das sogar auf mehrerlei Weise: Man bietet so anderen 1.85 +Forschern und sonstigen Interessierten die Moeglichkeit Fehler zu 1.86 +finden und weitere Erkenntnisse zu entdecken, auch werden aufbauende 1.87 +und zusammenfuehrende Arbeiten gefoerdert, und nicht zuletzt 1.88 +werden die Wissenschaftler, durch die Gewissheit nachpruefbar zu 1.89 +sein, sorgfaeltiger arbeiten. Diese Verbesserungen der 1.90 +wissenschaftlichen Qualitaet muessen nicht eintreten, wenn sie 1.91 +auch wahrscheinlich sind. Nachteile durch die Offenlegung sind nur 1.92 +zu befuerchten, wenn die wissenschaftliche Ethik und 1.93 +Selbstorganisation versagen. 1.94 +Das bisherige Zoegern der Wissenschaft mag von einem fehlenden 1.95 +Selbstbewusstsein oder von zu starkem Herdentrieb stammen. 1.96 +.P 1.97 +Die Freie Software, der Open Source, und nicht zu letzt die Free 1.98 +Cultural Works zeigen eine Form der Selbstbestimmung der Urheber, 1.99 +die der Open Access nicht erkennen laesst. 1.100 +Der Grund mag darin liegen, dass dort eine groessere Bindung 1.101 +zum eigenen Werk vorliegt als es bei den Wissenschaftler der Fall 1.102 +zu sein scheint. 1.103 +Die Angst, dass einem das eigene Werk ``verliert'', wenn man 1.104 +Verwertern exklusive Nutzungsrechte einraeumt, die unter denjenigen 1.105 +vorhanden ist, die ihrer Arbeit aus einer starken persoenlichen 1.106 +Begeisterung heraus leisten, scheint bei vielen Wissenschaftlern 1.107 +weniger stark ausgepraegt zu sein. 1.108 +.P 1.109 +Diese andere Konzepte zeigen Moeglichkeiten, 1.110 +wie sich ihre Ziele und Wuensche vertreten lassen, so dass 1.111 +nebenrangige Beteiligte weiterhin bestehen und wertschoepfend sein 1.112 +koennen, aber die zentralen Interessen nicht gefaehrdet werden. 1.113 +Notwendig dafuer ist ein schlagkraeftiger und 1.114 +akzeptierter Kern an Worfuehrern und eine sich einige, breite 1.115 +Basis an Anhaengern. Diese muessen klare Definitionen und 1.116 +Ausrichtungen vorgeben und das Konzept rein halten. 1.117 +.P 1.118 +An sich ist die Wissenschaft mit den Open Access auf einem ganz 1.119 +guten Weg. Die vorhandenen Definitionen sind eine brauchbare 1.120 +Ausgangsbasis, die bereits Konsolidierungstendenzen aufweist. Auch ein 1.121 +Bewusstsein fuer die Situation und ihre Hintergruende wird 1.122 +zunehmend geschaffen, gerade auch von den Bibliotheken. 1.123 +Entscheidend ist aber, dass das Bemuehen jetzt, wo die Verwerter 1.124 +einzuschwenken beginnen, nicht nachlaesst. Noch ist nichts 1.125 +grundlegend geaendert. Auch ist die Situation laengst nicht gut, 1.126 +nur nicht mehr untragbar. Jetzt ist vielmehr der Zeitpunkt richtig 1.127 +aktiv zu werden. Jetzt muss die Wissenschaft ihr 1.128 +Selbstverstaendnis bestaetigen. Jetzt muss sie ihre Definition 1.129 +von Open Access vereinheitlichen und klarer machen. Jetzt muss 1.130 +die wissenschaftliche Gemeinschaft an ihrer Selbstkontrolle arbeiten. 1.131 +Open Access-Publikationen muessen geschaetzt werden. Der 1.132 +Gemeinschaft vorenthaltene oder nur erschwert zugaengliche 1.133 +Publikationen muessen benachteilt werden. Verfuegbare 1.134 +Forschungsdaten muessen geschaetzt werden. Ihr Fehlen kritisiert 1.135 +werden. Was in der Berlin Declaration schon vor einem Jahrzehnt 1.136 +gefordert worden ist, muss die Praxis werden. 1.137 +Die blinde Lobhudelei auf Basis von naiven Kennzahlen muss aufhoeren! 1.138 +Dabei reicht es aber nicht, nur zu ``bestaerken'' und dass Open 1.139 +Access-Veroeffentlichungen ``anerkannt werden''. 1.140 +Nein, die Wissenschaft muss Open Access spuerbar belohnen. 1.141 +Diese Umsetzung steht der Wissenschaft frei. 1.142 +Sie muss sich nur selbst organisieren. 1.143 +Und dann selbst vorleben, wie Richard Stallman. 1.144 +Dann wird sich etwas aendern. 1.145 +