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author markus schnalke <meillo@marmaro.de>
date Sun, 26 Oct 2014 10:34:33 +0100
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rev   line source
meillo@57 1 .U2 "OA
meillo@57 2 .P
meillo@57 3 Ein grosser Unterschied zwischen Open Access und den anderen
meillo@57 4 Konzepten ist die Menge und Vielfalt seiner Beteiligten. Waehrend
meillo@57 5 sich die anderen Konzepte um kleine Gruppen von aehnlich
meillo@57 6 Denkenden herum aufbauen, ist der Open Access eine Bewegung, an der sehr
meillo@57 7 viele Personen, Institutionen und Unternehmen mit ihrern
meillo@57 8 eigenen, unterschiedlichen Interessen mitformen, ohne dass es eine
meillo@57 9 klare Fuehrung gaebe.
meillo@57 10 Wohingegen die anderen Konzepte anerkannte
meillo@57 11 Definitionen vorweisen koennen, gelingt dies dem Open Access
meillo@57 12 nicht.
meillo@57 13 .P
meillo@57 14 Das hat Gruende:
meillo@57 15 Zu stark ist die systemimmanente
meillo@57 16 Heterogenitaet der Wissenschaft. Zu schwer faellt es den
meillo@57 17 Wissenschaftlern sich zu organisieren, zumindest sich schlagkraeftig
meillo@57 18 und konsequenzbereit zu organisieren.
meillo@57 19 Zu stark sind die Traditionen
meillo@57 20 des Publizierens. Zu sehr sind die Wissenschaftler vom Mitspielen
meillo@57 21 im System abhaengig.
meillo@57 22 Zu stark ist aber auch die Einflussposition der Unternehmen.
meillo@57 23 .P
meillo@57 24 So herrscht bei den Wissenschaftlern zumeist ein Pragmatismus vor,
meillo@57 25 der lediglich den Ertraeglichkeitslevel akzeptabel halten will. Der
meillo@57 26 idealistische Wunsch der grundlegenden Verbesserung geht oft neben den
meillo@57 27 pragmatischen Anforderungen unter.
meillo@57 28 Auch bei der Open Source gibt es solche Tendenzen; dort sind sie
meillo@57 29 jedoch deutlich schwaecher ausgepraegt. Als Microsoft mit seinem
meillo@57 30 .I "Shared Source" -Konzept
meillo@57 31 auf den Open Source-Zug aufspringen wollte, wurde das als reine
meillo@57 32 Nutzniesserei, ohne erkennbare Unterstuetzung des Kerngedankens des
meillo@57 33 Open Source, verurteilt.
meillo@57 34 .[
meillo@57 35 perens stand together
meillo@57 36 .]
meillo@57 37 Folglich wendete sich die Gemeinschaft ab.
meillo@57 38 Diese Abgenzung von reinen Trittbrettfahrern, die die Integritaet
meillo@57 39 der Bewegung verwaessern wuerden, fehlt dem Open
meillo@57 40 Access bislang. Der Begriff ``Open Access'' wird fast wahllos
meillo@57 41 verwendet. Die wissenschaftliche
meillo@57 42 Gemeinschaft (Welche Gemeinschaft denn?) hat noch keine Form
meillo@57 43 der Abgrenzung und Reinhaltung ihres Konzeptes gefunden. Wie
meillo@57 44 sollte sie auch, wo sie sich selbst noch nicht klar ist welche
meillo@57 45 Werte und Forderungen sie denn vertritt. So sind es nun vielmehr
meillo@57 46 die Unternehmen, die die Praxis des Open Access praegen und
meillo@57 47 ausgestalten. Nach anfaenglichen Startschuessen haben die
meillo@57 48 Wissenschaftler heute die Kontrolle grossteils wieder aus der Hand
meillo@57 49 gegeben.
meillo@57 50 .P
meillo@57 51 Kritisch zu sehen ist dabei sicher die Folge der fortwaehrenden
meillo@57 52 Abhaengigkeit von der Verwertungsindustrie. Diese favorisiert
meillo@57 53 logischerweise den Goldenen Weg. Die verwerterunabhaengige
meillo@57 54 Zugaenglichmachung, auf dem Gruenem Weg, geht als
meillo@57 55 \fIZweit\fPveroeffentlichung in das Verstaendnis der
meillo@57 56 Wissenschaftler ein. Wie anders waere die Situation, wuerden die
meillo@57 57 Wissenschaftler die freien Repositorien als natuerlichen ersten
meillo@57 58 Veroeffentlichungsort waehlen und anschliessend in einem Verlag
meillo@57 59 zweitveroeffentlichen. Zu abwegig scheint dieser Ansatz nicht zu
meillo@57 60 sein, denn beispielsweise mit dem Preprint-Server ArXiv ist die
meillo@57 61 Praxis in der Physik gar nicht so weit davon entfernt.
meillo@57 62 .P
meillo@57 63 Bei der Freien Software und den Free Cultural Works ist diese
meillo@57 64 Denkweise der Normalfall: Als erstes dem Volk, dann den
meillo@57 65 Verwertern. Entscheidend dabei ist, dass dort nichts gegen eine
meillo@57 66 kommerzielle Verwertung spricht, nur darf dieses Bestreben die
meillo@57 67 Rechte der Allgemeinheit nicht beschraenken. Beim Open Access
meillo@57 68 dagegen gehen die Tendenzen oftmals in Richtung
meillo@57 69 Non-Commercial-Einschraenkung. Das wird zum einen daran liegen,
meillo@57 70 dass sich die Verwerter dieses Marktfeld exklusiv reservieren
meillo@57 71 wollen und andererseits manche Wissenschaftler dadurch die
meillo@57 72 Unternehmen von der Verwertung ihrer Werke ausschliessen wollen.
meillo@57 73 Die Freie Software verwendet dazu lieber das Copyleft-Prinzip, das
meillo@57 74 die kommerzielle Nutzung sehr wohl zulaesst, aber sicherstellt,
meillo@57 75 dass jeder die gleichen Moeglichkeiten der kommerziellen
meillo@57 76 Nutzung hat.
meillo@57 77 .P
meillo@57 78 Mit Bezug auf den Open Source kann man sachlich argumentieren,
meillo@57 79 dass die Offenlegung aller Forschungsdaten und der daraus
meillo@57 80 entstehenden Publikationen zu besseren Ergebnissen fuehren kann.
meillo@57 81 Das sogar auf mehrerlei Weise: Man bietet so anderen
meillo@57 82 Forschern und sonstigen Interessierten die Moeglichkeit Fehler zu
meillo@57 83 finden und weitere Erkenntnisse zu entdecken, auch werden aufbauende
meillo@57 84 und zusammenfuehrende Arbeiten gefoerdert, und nicht zuletzt
meillo@57 85 werden die Wissenschaftler, durch die Gewissheit nachpruefbar zu
meillo@57 86 sein, sorgfaeltiger arbeiten. Diese Verbesserungen der
meillo@57 87 wissenschaftlichen Qualitaet muessen nicht eintreten, wenn sie
meillo@57 88 auch wahrscheinlich sind. Nachteile durch die Offenlegung sind nur
meillo@57 89 zu befuerchten, wenn die wissenschaftliche Ethik und
meillo@57 90 Selbstorganisation versagen.
meillo@57 91 Das bisherige Zoegern der Wissenschaft mag von einem fehlenden
meillo@57 92 Selbstbewusstsein oder von zu starkem Herdentrieb stammen.
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meillo@57 94 Die Freie Software, der Open Source, und nicht zu letzt die Free
meillo@57 95 Cultural Works zeigen eine Form der Selbstbestimmung der Urheber,
meillo@57 96 die der Open Access nicht erkennen laesst.
meillo@57 97 Der Grund mag darin liegen, dass dort eine groessere Bindung
meillo@57 98 zum eigenen Werk vorliegt als es bei den Wissenschaftler der Fall
meillo@57 99 zu sein scheint.
meillo@57 100 Die Angst, dass einem das eigene Werk ``verliert'', wenn man
meillo@57 101 Verwertern exklusive Nutzungsrechte einraeumt, die unter denjenigen
meillo@57 102 vorhanden ist, die ihrer Arbeit aus einer starken persoenlichen
meillo@57 103 Begeisterung heraus leisten, scheint bei vielen Wissenschaftlern
meillo@57 104 weniger stark ausgepraegt zu sein.
meillo@57 105 .P
meillo@57 106 Diese andere Konzepte zeigen Moeglichkeiten,
meillo@57 107 wie sich ihre Ziele und Wuensche vertreten lassen, so dass
meillo@57 108 nebenrangige Beteiligte weiterhin bestehen und wertschoepfend sein
meillo@57 109 koennen, aber die zentralen Interessen nicht gefaehrdet werden.
meillo@57 110 Notwendig dafuer ist ein schlagkraeftiger und
meillo@57 111 akzeptierter Kern an Worfuehrern und eine sich einige, breite
meillo@57 112 Basis an Anhaengern. Diese muessen klare Definitionen und
meillo@57 113 Ausrichtungen vorgeben und das Konzept rein halten.
meillo@57 114 .P
meillo@57 115 An sich ist die Wissenschaft mit den Open Access auf einem ganz
meillo@57 116 guten Weg. Die vorhandenen Definitionen sind eine brauchbare
meillo@57 117 Ausgangsbasis, die bereits Konsolidierungstendenzen aufweist. Auch ein
meillo@57 118 Bewusstsein fuer die Situation und ihre Hintergruende wird
meillo@57 119 zunehmend geschaffen, gerade auch von den Bibliotheken.
meillo@57 120 Entscheidend ist aber, dass das Bemuehen jetzt, wo die Verwerter
meillo@57 121 einzuschwenken beginnen, nicht nachlaesst. Noch ist nichts
meillo@57 122 grundlegend geaendert. Auch ist die Situation laengst nicht gut,
meillo@57 123 nur nicht mehr untragbar. Jetzt ist vielmehr der Zeitpunkt richtig
meillo@57 124 aktiv zu werden. Jetzt muss die Wissenschaft ihr
meillo@57 125 Selbstverstaendnis bestaetigen. Jetzt muss sie ihre Definition
meillo@57 126 von Open Access vereinheitlichen und klarer machen. Jetzt muss
meillo@57 127 die wissenschaftliche Gemeinschaft an ihrer Selbstkontrolle arbeiten.
meillo@57 128 Open Access-Publikationen muessen geschaetzt werden. Der
meillo@57 129 Gemeinschaft vorenthaltene oder nur erschwert zugaengliche
meillo@57 130 Publikationen muessen benachteilt werden. Verfuegbare
meillo@57 131 Forschungsdaten muessen geschaetzt werden. Ihr Fehlen kritisiert
meillo@57 132 werden. Was in der Berlin Declaration schon vor einem Jahrzehnt
meillo@57 133 gefordert worden ist, muss die Praxis werden.
meillo@57 134 Die blinde Lobhudelei auf Basis von naiven Kennzahlen muss aufhoeren!
meillo@57 135 Dabei reicht es aber nicht, nur zu ``bestaerken'' und dass Open
meillo@57 136 Access-Veroeffentlichungen ``anerkannt werden''.
meillo@57 137 Nein, die Wissenschaft muss Open Access spuerbar belohnen.
meillo@57 138 Diese Umsetzung steht der Wissenschaft frei.
meillo@57 139 Sie muss sich nur selbst organisieren.
meillo@57 140 Und dann selbst vorleben, wie Richard Stallman.
meillo@57 141 Dann wird sich etwas aendern.
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